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Wie ökologische Sensibilität, vegane Speisen und «Zero Waste» im Gourmetsektor genussvoll neue Trends setzen.

Die Ereignisse der letzten Jahre sind auch an der Gourmetwelt nicht spurlos vorübergegangen – dies im besten Sinn. Erfreulich und ermutigend, dass ausgerechnet Erfahrungen wie die Pandemie oder der globale Klimawandel ein positives Umdenken in der Esskultur provoziert haben. Genuss muss nämlich keineswegs auf Kosten von Gesundheit und Umwelt gehen, sondern kann im Gegenteil sogar helfen, unsere Welt ein klein bisschen besser zu machen. Machen wir die Probe aufs Exempel, denn die neuesten Trends – Stichwort Superfood, vegan und Co. oder Zero Waste – sind alles andere als wortklingelnde Globish-Vokabeln aus der sterilen Welt der Powerpoint-Präsentationen. Stattdessen verführen sie mit gänzlich Neuem, das ebenso aromatisch wie sinnlich und, ja durchaus, nachhaltig ist. Von Singapur über Gent bis Brooklyn, vom Main bis an die Donau: Starten wir zu einer Entdeckungsreise.

Vitalpilz in Singapur

Nicht zufällig befindet sich der elaborierte und gleichzeitig sympathisch bescheidene Food-Tempel von Grain Traders am ultramodernen Raffles Place in Singapur und dort im Inneren des 245 Meter hohen Markt Street Tower, auch bekannt als «CapitaGreen» und ob seiner transparenten Glasfassadenarchitektur mehrfach preisgekrönt. Hier gilt: Gesundheit, Hygiene und reueloses Essvergnügen gehören zusammen. Superfood ist dabei keine Buchstaben‑, sondern eine Zmorge- und Lunch-Kombination. Warmer Kokosnuss-Hafer, geröstete Pilze oder fettarme Pouletbrust mit Papaya-Salat und Kürbis-Hummus – was darf’s sein? Gekocht wird übrigens mit Mandel- oder Kokosnussmehl, das mehr Vitamine und weniger Kohlenhydrate enthält als traditionelles Mehl. Dies alles saisonal frisch, aus regionaler Produktion und garantiert glutenfrei – auch für Liebhaber veganer Köstlichkeiten: Brotfrucht mit dem leichten Aroma von Banane, dazu einen Quinoa-Salat mit japanischem Wafu-Dressing. Und zu alldem dann einen Tee mit dem schönen Namen «Lion’s Mane Mushroom», ein würzig mundendes Getränk aus einem pulverisierten chinesischen Vitalpilz, der die Form einer Löwenmähne hat und seit Tausenden Jahren in Asien dafür geschätzt wird, die Gehirntätigkeit auf ganz natürliche Weise anzuregen. 

Grain Traders
138 Market Street, Singapur
Mo – Fr 8.00 – 17.00 Uhr
Reservierung nicht notwendig,
Superfood-Bestellungen unter graintraders​.com

Trend in Gent

Derart energetisch gestärkt begeben wir uns ins belgische Gent, wo nicht nur die berühmten Bilder der legendären Malerbrüder Van Eyck einen veritablen Augenschmaus garantieren. Denn auch im Restaurant Vrijmoed, gelegen in einem wunderschönen alten Herrenhaus mit modernem Innendesign, beginnt alles mit visuell Becircendem, ehe dann auch der Gaumen verwöhnt wird. Zwei Michelin-Sterne hat das Trendrestaurant des jungen Spitzenkochs Michael Vrijmoed bereits erhalten – und das nicht ohne Grund. Gerichte, dargeboten wie auf den Stillleben der alten Meister und gleichzeitig faszinierend up to date. Die Vier- bis Sieben-Gänge-Menüs gibt es sowohl vegetarisch als auch mit Fleisch- und Fischgerichten, wobei es sich – kommt man zu zweit zu Maître Vrijmoed – durchaus empfiehlt, beide Optionen zu probieren. Auch hier in Gent ist vegetarische Küche keine Ideologie, sondern ein delikates Schöpfen aus dem Vollen, sprich aus der saisonalen Frische und puren Vielfalt der flämischen Region. Wirzblätter und Rüben-Ravioli als Amuse-Bouches sind eben nicht «Kraut und Rüben», sondern nuancierte Einstimmungen etwa auf Artischockensalat, gebratenen Blumenkohl mit schwarzem Knoblauch oder auf Rigatoni mit geschmortem Rotkabissalat als Füllung. Als Köstlichkeiten von ausserhalb kommen hinzu Madeira-Käse und ungarischer Furmint-Weisswein, dessen Obstaroma wiederum perfekt mit den dargereichten Früchtekreationen harmoniert. Nicht zu vergessen als Dessert ein Spinatsorbet, garniert mit Joghurt – und frischem Spinat. Und keine Sorge: Wer zum Vegetarischen gern etwas Zusätzliches mag, freut sich auf kunstvoll aufgefächerte Streifen von Taubenbrust oder gebratenen Fasan mit Schwarzwurzel und Wildpilzen.

Vrijmoed
Vlaanderenstraat 22, Gent|Belgien
Di – Fr 12.00 – 13.30 und 19.00 – 21.30 Uhr
4‑Gänge-Menü € 79,–
Reservierungen unter vrijmoed​.be

Frankfurter Vielerlei

Ähnlich Avanciertes findet sich im Seven Swans in Frankfurt am Main, dem weltweit ersten mit einem Michelin-Stern gekrönten veganen Restaurant. Auch hier die überaus positive Überraschung, denn weder schwere hessische Küche mit Äppelwoi-Bembel noch vorwurfsvoll Fleischfreies werden in diesem sympathischen In-Restaurant am Main-Kai kredenzt, sondern … Auch hier ein wahres Defilee, ein Fest für Augen und Gaumen: zum Beispiel Zichorie mit Blaubeeren, Pilz und Rübchen oder Zucchini mit Johannisbeere und Wildkräutern. Oder ein Gericht, bei dem bereits die Ingredienzennamen verzaubern: Kürbis mit Lupine, Paprika und Schlehdorn. Dabei weiss Küchenchef Ricky Savard sehr wohl um die weiterhin bestehenden Vorurteile gegenüber veganer Küche. Denn, so mögen noch immer viele fragen, handelt es sich hier – trotz aller kunstvollen Kombinationen – nicht doch um einen «Ersatz», um damit das «Eigentliche», ergo Fleisch, zu kompensieren? Umso mehr begreift man den Michelin-Star für Seven Swans als tagtägliche Herausforderung, vor allem Gourmetgäste davon zu überzeugen, dass die vegane Küche mit ihren schier unerschöpflichen Möglichkeiten des Backens und Bratens von Gemüse in Verbindung mit Obstsaucen oder Kräutern Aromen zur Entfaltung verhilft, deren Existenz bislang noch nicht einmal zu ahnen gewesen waren. 

Seven Swans
Mainkai 4, Frankfurt am Main | Deutschland
Di – Sa 18.30 – 24.00 Uhr
5‑Gänge-Menü € 89,–
Reservierungen unter sevenswans​.de

Menü-Inklusion in Wien

Von vergleichbarer Balance der österreichische Newcomer, das im Frühjahr 2021 in Wien eröffnete Restaurant Sattlerei. Jürgen Sattler wagte zusammen mit seiner Frau sowie dem als Küchenchef amtierenden Schwiegersohn, dem gebürtigen Briten Lewis Emerson, etwas ganz und gar Ausserordentliches: in einem Ambiente von legerem Industriedesign und anheimelnder Gemütlichkeit schon beim Frühstück nicht etwa neuen Trends zu folgen, sondern diese selbst zu setzen. So gibt’s hier etwa ein «Vegan Full English» mit gegrilltem Portobello-Pilz statt Würstchen. Auf diese freilich muss man ebenso wenig verzichten wie beim avancierten «Sattlerei goes Oriental» auf würziges Lamm-Gehacktem – während wiederum das vegane Pendant mit Hummus, gegrillten Melanzani und Bulgur lockt. Ob Kaffee, heisse Schokolade, Bio-Tee oder mittags/​abends dann die Auswahl aus über 150 Sorten Wein – wo, wenn nicht hier, würde das schöne Ideal der Inklusion zu kulinarischer Realität? Denn selbstverständlich kommen auch Fleischfreunde auf ihre Kosten, beim Ossobuco vom Hirsch oder Ragout von Zunge und Herz. 

die Sattlerei
Heinestrasse 25, Wien | Österreich
Di – Sa 9.00 – 24.00 Uhr
Reservierungen unter diesattlerei​.at

Nichts in New York

Bliebe am Schluss dennoch die etwas unpoetische Frage, was mit den Genuss-Überbleibseln geschehen soll, mit Verpackungen, Dosen etc. Eine gute Antwort liefert Rhodora, die erste Zero-Waste-Weinbar der Vereinigten Staaten, längst die In-Adresse im abendlichen Brooklyn. Bar-Chef Henry Rich lässt hier eine Utopie Wirklichkeit werden: konsequente Verbannung von jeglichem Plastik und stattdessen Verwendung von Material, das sich entweder recyceln oder kompostieren lässt. Will heissen: als Verpackung stattdessen Aluminium und Zinn, für die im Rhodora gereichten Käse‑, Gemüse- und Charcuterie-Platten keine ewig langen Transportwege, sondern Delikatessen aus der Region – und als Weine edle Boutique-Tropfen aus ökologischem Anbau. Dabei muss sich keiner die Umweltbilanz der Wein-Bar schöntrinken, denn das Rhodora-Team setzt auf Transparenz und Information zu einem Projekt, das inzwischen immer mehr Schule macht – und zwar weltweit.

Rhodora
197 Adelphie Street, New York City | USA
Täglich 17.00 – 23.00 Uhr
Reservierungen unter rhodorabk​.com

04. Juli 2022 Food Bisse 3

Food & Bisse 2022

Sommerliche Genuss-Wanderung in Crans-Montana.

Das Wallis ist nicht nur mit landschaftlicher Schönheit gesegnet, sondern hat auch kulinarisch einiges zu bieten. Entdecken lässt sich dies bei «Food & Bisse». Am 23. Juli 2022 können Besucher entlang der Tsittoret-Suone, einem beeindruckenden Walliser Landschaftsmonument, wandern und inmitten der idyllischen Landschaft Genuss-Pausen einlegen. Zu verkosten gibt es Kulinarisches aus der Region.

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Roots 13

Restaurant roots

Harmonische Geschmackserlebnisse am Rheinufer.

Pflanzenbasierte Küche bei der Wurzel packen – das scheint das namensgebende Motto von Küchenchef Pascal Steffen zu sein, der im Restaurant roots in Basel auf frische, moderne Art aufkocht. Zwei Michelin-Sterne und 17 Gault Millau-Punkte und eine treue Fangemeinde hat sich Steffen im roots erkocht. Bei ihm steht das Gemüse im Mittelpunkt, Fisch und Fleisch nehmen die Nebenrollen als Beilage ein. Die Küche zeichnet sich eher durch ein sanftes Zusammenspiel als durch Aroma-Explosionen aus. Geschmackvolles Understatement, das überrascht und begeistert. Auf der Speisekarte, die von Ausblicken auf den Rhein garniert wird, findet sich der mittlerweile zum Klassiker avancierte Salat aus 25 Kräutern und Gemüse oder Köstlichkeiten wie ein sous vide gegarter Hecht mit Rhabarber, Stangensellerie und Selleriefond. Erlebbar ist die kulinarische Vielfalt in sechs, sieben, neun oder zehn Gängen. Natürlich begleitet von einer gut sortierten Weinkarte. 

roots​-basel​.ch

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22. März 2021 Hisa Franko 04

Kobarids Kochkönigin

Wie eine gewitzte slowenische Autodidaktin ihr Restaurant «Hiša Franko» in einen Hotspot für Geniesser verwandelte.

Smaragdgrün schlängelt sich der Nadiza-Fluss zwischen den Felsen – unter einem besonnten Himmel, dessen flauschige Schäfchenwolken das tiefe Blau noch stärker akzentuieren. Bunt behelmte Kajakfahrer im Wasser, Spaziergänger im verwunschenen Nadelwald. Holz- und bemooste Steinbrücken über dem Fluss und dann linker Hand der Kozjak-Wasserfall – in einer kathedralengleichen Felshöhlung, deren Lichtzauber an die Capri-Grotte gemahnt. In der Tat wartet die Gegend mit den allerschönsten Assoziationen auf; hier im idyllischen slowenischen Kleinstädtchen Kobarid im oberen Soča-Tal, wo Mitteleuropa ebenso sacht wie effektvoll südlich wird.

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