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Ein Design-Spaziergang durch die Welt der Fashion-Restaurants.

In der aktuellen Romanverfilmung «Mrs. Harris Goes to Paris» ist Miss Harris alias Lesley Manville noch arg eingeschüchtert, als sie vom London der 1950er ins ungleich mondänere Paris kommt – auf der Suche nach einem Dior-Kleid, das genauso schön sein sollte wie jenes, das sie im Schlafzimmer ihrer Arbeitgeberin gesehen hat. Hätte es damals schon den Trend gegeben, Mode- und Parfum-Marken auch in Gourmet-Locations zu verwandeln – Miss Harris wäre wohl noch verwunderter gewesen. Dabei ist «Monsieur Dior» in der legendären Avenue Montaigne Numero 30 lediglich das Restaurant (nebst Pâtisserie) innerhalb des palastartigen Stammhauses mitsamt dessen wundersamen Innengarten. 

Aber was heisst schon «lediglich», wenn hier mit kulinarischem Feingespür all das, mit dem Dior seit nunmehr Jahrzehnten assoziiert wird, eine zusätzliche Krönung erfährt? Dabei ist das Interieur eher einladend als einschüchternd: Halbrund-Sessel in Beige und Schachbrettmuster, dezentes Retro. Die Wände in transparentem Weiss, Fensterblick auf Avenue und Garten, dazu ein riesiges Porträt von René Bouché, das den freundlich-stämmigen Christian Dior beim Essen zeigt. Der grösste Blickfang indessen – neben den Dior-Porzellantellern und den an Flakons erinnernden, geriffelten Gläsern auf den mit gestärktem Leinen gedeckten Tischen – ist die Wandinstallation von Guy Limone, die im anheimelnden Farbspektrum Schwarz-Weiss-Rot Tausende winziger Bildchen versammelt, die aus den Dior-Archiven stammen.

Und dann selbstverständlich das Kulinarische, für dessen Qualität bereits der Name des renommierten Maître Jean Imbert bürgt. Gekocht wird vor allem nach den einstigen Vorlieben von Monsieur Dior, dessen sensualistisches Genie ja nicht nur der Haute Couture gegolten hatte. Doch nichts da mit nouvelle cuisine! Stattdessen ein von Knochen und Innereien befreites Hühnchen à la française, gefüllt mit Frischkäse und Kräutern der Saison, dazu pochierte Eier mit Artischockenherzen – nicht zu vergessen die diversen Weine, rot-weiss-rosé und ihre Aromen … Also auch hier ein Hauch von Dior? Miss Harris, auf der Suche nach dem (allzu teuren) Kleid, hätte sich womöglich hier im Restaurant erst einmal ausgiebig verwöhnen lassen können, schon in diesem Moment wie eingehüllt in das Universum des Mannes mit den Zauberhänden. 

Oder sie hätte einen weiteren Design-Abstecher nach Saint-Tropez gewagt und sich dort kulinarisch im neuen Restaurant Mory Sacko at Louis Vuitton verwöhnen lassen. Afrikanische und japanische Einflüsse treffen hier auf das Savoir-faire der französischen Küche in einer weltumspannenden Speisekarte. In Zusammenarbeit mit Louis Vuitton eröffnete der Chefkoch ein saisonales Restaurant im White 1921 Hotel am berühmten Place des Lices: elegant und voller Design.

Bill Murray hingegen, in Sofia Coppolas gewitzter Komödie «Lost in Translation» ein im quirligen Tokyo gestrandeter englischer Schauspieler, stellen wir uns am besten im zehnten Stockwerk des Ginza Tower vor. Hier nämlich lockt die Bulgari Ginza Bar mit dem wohl besten Angebot von Spirituosen und vor allem Cocktails im fernen Osten. Denn war der Film-Held nicht nach Japan gekommen, um einen Werbe-Spot für Whisky zu drehen? Nun, hier kann er in einem edlen Licht-und-Schatten-und-Holz-Chrom-Ambiente voller gediegener Braunfarben-Nuancen endlich entdecken, was er seinem Gaumen bis dato vorenthalten hatte – etwa einen «Kyushu Old Fashioned», einen Cocktail auf Bourbon-Basis mit dem rauchigen Aroma japanischer Zypressen. Oder einen fruchtigen Yakoboku, dessen an samtigen Wein erinnernder Geschmack den Weg hinüber bahnen könnte ins Michelin-preisgekrönte Ristorante Luca Fantin, das ebenfalls ein «Bulgari-Ort» ist und darüber hinaus seit Jahren einen festen Platz auf der «World´s 50 Best Restaurant»-Liste behauptet. 

Italienische Spitzenküche – die Welt der Paste und Schinken und Trüffel trifft auf die Tradition japanischen Rohgemüses. Doch wer nun beim Panoramablick auf das nächtlich leuchtende Ausgehviertel Ginza glaubt, hier regiere so etwas wie globalisierter Mischmasch, den belehrt das Team von Signore Luca Fantin auf bezirzende Weise schnell des Besseren. Die Lichter auf den zahlreichen, zweiarmigen silbernen Kerzenständern scheinen den Raum nicht nur zu verdoppeln, sondern ihn gleichsam in einen italienischen Palazzo zu verwandeln – höchst angemessen dem Traditionshaus Bulgari, das, einem römischen Familienunternehmen entstammend, heute immerhin der drittgrösste Schmuckhersteller der Welt ist. 

Folglich wird man hier im Restaurant und an der Bar (oder im Bulgari-Café in der japanischen Hafenstadt Osaka) gewiss auf Gäste treffen, die dann auch Bulgari tragen – dies freilich eher gelassen denn ostentativ. Da an all diesen Orten doch kein tumbes Merchandising betrieben, sondern ein ganz spezielles Lebensgefühl erweitert wird. Ganz im Sinne des einzigartigen Charakters von Dior, Bulgari, Prada oder Ralph Lauren, der kaum in Worte zu fassen, aber stets spürbar ist. Oder um es so zu sagen: edles Collier statt sperrige «Verwertungskette».

Womit wir nun quasi im säkularen Heiligtum des Luxus angekommen wären, natürlich in Mailand. Und nicht etwa der Teufel alias Meryl Streep trägt hier Prada, sondern Zeitgenossen mit exquisitem Geschmack. Dieser hatte in der Stadt freilich schon immer eine feste Heimstatt, u.a. in der seit 1824 bestehenden Pasticceria Marchesi in der altehrwürdigen Via Santa Maria alla Porta. Wie die Fenstervitrinen in freundlichem Gelb-Orange leuchten, gerahmt von Wandornamenten, die wiederum an Parfumflakons erinnern! Das 1913 von den Gebrüdern Mario und Martino Prada gegründete Mode-Unternehmen hat nämlich die Pasticceria (nebst zwei Dependancen ebenfalls in Mailand und einer weiteren in London-Mayfair) unter seinen Schirm genommen – zu beiderseitigem Gewinn und zum ästhetischen Entzücken der Gäste. Flankiert von Amphoren locken da hinter den Fenstern zahllose kleine Köstlichkeiten, die dann im idyllischen Inneren der Pasticceria den Weg auf die Marmortischchen zwischen der meterlangen, grünen Sitzbank und der Verkaufstheke finden: Mandel-Gelatti, Panettone in himmelblauer Stoffumrandung oder Limonentörtchen mit dunklem Schokoladentupferl und natürlich Espresso und San Pellegrino. Hinzu kommen allerlei Leckerli in stylish-liebevoller Verpackung – Pralinen und Törtchen, Marmelade oder Gelees und Zuckermandeln – die dann auch nach Hause oder aufs Hotelzimmer getragen werden können. Selbstverständlich wiederum in subtil designten Päckchen. 

Wer es nun zumindest räumlich noch etwas himmlischer mag, ist im Ceresio 7 bestens aufgehoben, dem Mailänder Spitzenrestaurant unter der Ägide von Dsquared2. Auf der noblen Dach-Etage des Firmensitzes macht es puncto Höhe sogar fast dem Dom Konkurrenz. Das weltweit renommierte Modeunternehmen war 1994 just hier in Mailand von dem in Toronto geborenen, jedoch italienischstämmigen Zwillingspaar Dean und Dan Caten gegründet worden – in gut gelaunter Anspielung auf die Anfangsbuchstaben ihrer Vornamen: D hoch zwei. 

Von ähnlicher Dynamik deshalb auch das Ceresio 7, dessen Küchenchef Elio Sironi wiederum einst Chefkoch in einem der Bulgari-Hotels war. Ein wie von David Cockney gemalter Swimmingpool sorgt im Sommer für Strand-Feeling über den Dächern Mailands. Doch wird das Ceresio 7 auch ganzjährig von jenen frequentiert, die in der Mode‑, Film- und Medienwelt ein bekanntes Gesicht haben. Das lässige Defilee beginnt dabei bereits zur Mittagszeit, in der italienische Traditionsküche zu geniessen ist, und zieht sich bis in den späten Abend, ja in die Nacht. Dolce Vita pur: Mit einem Aperitivo oder Cocktail in der Hand durch diesen geradezu magischen Ort zu gleiten, in dem sich die Gläser in den Fensterfronten spiegeln und der Sternenhimmel im Pool.

In Chicago, auch bekannt als «Windy City», geht es dann zumindest klimatisch etwas anders zu, doch nicht minder luxuriös – auch dank Ralph Lauren, der mit dem «RL Restaurant» Massstäbe setzt. Hier in der Chicago Avenue (das ist quasi das hiesige Pendant zur Pariser Avenue Montaigne) finden sich die Besucher unter einer Kassettendecke nämlich in einem ganz besonderen Universum wieder. Holzgetäfelte Wände, gerahmte Bilder von Klassizismus bis Moderne und Pop-Art, Bücher-Vitrinen, edle Leder-Fauteuils mit Messingknöpfen, sogar ein veritabler Kamin: Alles für den Gentleman und die Frau von Welt. Und Nein, Polo-Schläger finden sich hier nicht, da doch bereits der berühmte Designer-Name genügt, die Assoziationen von Sport & Stil wachzurufen, den kulinarischen Genuss nicht zu vergessen. Mit einem «Seafood Tower» mit Austern, Alaska-Krabben und Hummer – das Ganze sanft betröpfelt mit Bombay Gin – führt das Menü sogleich ins Spielfeld weltläufiger Geniesser. Ein Brioche-Toast mit geröstetem Hähnchenfilet, Salat und hart gekochtem Ei ist unter dem Namen «Polo Club» dann eine Referenz an den Weltklasse-Designer RL, der natürlich modern genug ist, um zu wissen, dass eine reine man´s world wohl ziemlich öde wäre. Weshalb nicht zufällig die besten Cocktails eine Hommage an selbstbewusste Frauen sind – von Ready Jane bis Lady Sheldrake (deren Geheimnis aus Wodka, Pisco und Prosecco wir hier natürlich nicht zur Gänze verraten). Fehlt eigentlich nur noch ein Miss Harris-Drink, da schliesslich mit ihr und ihrer romantischen Liebe zu Dior unsere kleine Reise zu den Fashion-Gourmet-Orten dieser Welt begonnen hatte. 

INFO

Monsieur Dior: 32 Avenue Montaigne/​Paris. Tgl. 11.3020.00 Uhr (So 11.3019.00 Uhr)
dior​.com

Restaurant Mory Sacko at Louis Vuitton: Place des Lices/Saint-Tropez
restaurantsainttropez​.louisvuitton​.com

Bulgari Ginza Bar: Ginza, 2 Chome 7 – 12/ Tokyo. Tgl. 12.0022.30 Uhr (So 12.0018.30 Uhr)
bulgarihotels​.com/

Pasticceria Marchesi: Via Santa Maria alla Porta 11/​a. Tgl. ausser Mo 7.3019.30 Uhr
pasticceriamarchesi​.com

Ceresio 7: Via Ceresio 7/ Mailand. Tgl. 12.301.00 Uhr
ceresio7​.com

RL Restaurant: 115 Chicago Avenue/​Chicago. Tgl. 11.0023.00 Uhr
ralphlauren​.com/​g​l​o​b​a​l​-​r​l​-​c​h​icago

01. Januar 2021 Cheval Blanc 01

Hochkarätige Haute Cuisine

«Jedes Gericht, das auf die Karte kommt, muss restlos überzeugen. Jeder Bissen soll ein Geschmackserlebnis sein.» Die Ansprüche, die Chef de Cuisine Peter Knogl an sich und seine Küche stellt, sind hoch und doch erfüllt er sie Tag für Tag im mit drei Michelin-Sternen und 19 GaultMillau-Punkten ausgezeichneten Restaurant Cheval Blanc. Mit seiner französischen Haute Cuisine, die mit mediterranen und asiatischen Einflüssen bereichert wird, hat es der Gourmettempel im Grand Hotel Les Trois Rois in Basel unter die 100 besten Restaurants der Welt geschafft. Seit 2007 verfolgt Peter Knogl, der 2011 mit dem Titel «Koch des Jahres» ausgezeichnet wurde, konsequent seinen kulinarischen Weg im Cheval Blanc. Kurzlebige Trends sind ihm fremd, er konzentriert sich lieber auf das Wesentliche und sucht die meisterhafte Symbiose der Zutaten. Von Roastbeef vom Wagyu-Rind mit Schalotten-Vinaigrette und Okraschoten bis zur Crème Gruyère mit Aprikose und frischen Mandeln kommt nur das Beste auf den Teller. 

chevalblancbasel​.com

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07. Februar 2021 Brasserie Uno Aufmacher neu

Brasserie Uno

Wenn kulinarische Besuche wieder möglich sind sollte die Brasserie Uno ganz oben auf der Liste stehen. Benannt ist das gemütliche Fine-Dining-Restaurant nach dem Grossvater des Besitzers namens Uno. Die Präsenz des Namensgebers ist allgegenwärtig. So schmücken diverse seiner Habseligkeiten das Lokal. Hier geniessen Gourmands z. B. ein 9‑gängiges Chef’s Degustation Tasting Menü für das auf jeden Fall drei Stunden eingeplant werden sollten. Eine gedruckte Speisekarte gibt es nicht, stattdessen wird möglichst regional, saisonal und auf jeden Fall frisch gekocht und die Speisen werden auf einer Kreidetafel präsentiert.

brasserieuno​.com

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Marie Gerber 07

Die perfekte Mischung

Marie Gerber, Bar Managerin im Bürgenstock Hotels & Resort Lake Lucerne im Gespräch.

Der Blick auf den bezaubernden Vierwaldstättersee und die Lichter der Nacht gerichtet, einen erfrischenden Cocktail in der Hand und Live-Klaviermusik, die den Raum erfüllt ohne dabei aufdringlich zu sein. Es ist ein gemütlicher Abend im Bürgenstock Hotel. Hinter der Bar, Marie Gerber und ihr Team, die mit viel Gastfreundlichkeit und Leidenschaft für ihren Beruf gekonnt aromatische Erlebnisse in flüssiger Form in elegante Gläser giessen. Als Bar Managerin weiss sie: die perfekte Mischung macht den Unterschied. Sowohl im Martiniglas, als auch beim Umgang mit ihren Mitarbeitenden und den Gästen. Im Gespräch erzählt sie von ersten Cocktail-Mischungen und After-Hours auf dem Tresen. 

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