Wo der Guide Michelin besonders strahlt. Von coolen Restaurants und überraschenden Newcomern.
Sterne gibt es, die denken gar nicht daran zu verglühen. Mehr noch: Von Jahr zu Jahr, von Jahrzehnt zu Jahrzehnt leuchten sie stärker, vergrössern ihren Radius und werden mehr. Ein astronomisches Science-Fiction-Märchen? Ganz im Gegenteil: Eine denkbar irdische Geniesser-Geschichte, eine wundersam reale Erfolgsstory. Willkommen im Kosmos des Guide Michelin, der jedes Jahr an aussergewöhnliche Restaurants seine legendären eins-zwei-drei Sterne vergibt und sich dabei immer wieder ein Stück weit auch selbst neu erfindet. Vor drei Jahren ist der «Green Star» hinzugekommen, eine Auszeichnung für nachhaltige Küche. Sogar ein ganz besonderes Prädikat für formidable Serviceleistungen gibt es inzwischen. Dabei hatte es 1926 mit lediglich einem Stern begonnen, und getestet wurden vorerst nur die besten Restaurants in der französischen Provinz. Bald darauf aber wurde es präziser, bis zu drei Sterne wurden vergeben, und diese begannen dann selbstverständlich auch über Paris zu blinken. In den darauffolgenden Jahrzehnten wurde die jährlich vergebene Auszeichnung zu DEM Gütesiegel für Gourmet-Restaurants. Doch längst ist das Sterne-Leuchten nicht mehr allein auf Europa beschränkt; Jahr für Jahr sind die Tester – alles Profis aus der Branche – weltweit unterwegs. In völliger Unabhängigkeit legt allein ein Tester 30‘000 Kilometer im Jahr zurück und isst in 250 Restaurants. Von Bistros über Gasthäuser bis zu Gourmet-Tempel ist alles dabei. Um dann in einer Sternekonferenz im Kollektiv die Entscheidung zu treffen. Besonders fündig werden die Tester aktuell in der Schweiz, in Lissabon und in Thailand.
Im zweiten Teil unserer Reihe zum aktuellen Guide besuchen wir drei weitere Spitzen-Restaurants in der Schweiz! Über die ersten beiden, die wir näher vorgestellt haben, können Sie hier etwas lesen.
Mammertsberg | Freidorf | 2 Sterne
Was für ein gigantischer Blick auf den Bodensee, gleichsam gesprenkelt von jenen zwei Sternen, die das «Mammertsberg» – gelegen im Inneren eines historischen Hauses, das inzwischen ein angesagtes Boutique-Hotel ist – in diesem Jahr zum allerersten Mal verliehen bekommen hat. Ein wirklich cooler «Newcomer» für Lunch und Dinner: Eine Tartelette mit Kimchi, ein Zwiebelsüppchen mit Holunder-Geschmack und fantastische Gnocchi in Nussbutteremulsion setzen die internationalen Geschmacksnoten (visuell erweitert in Gestalt wunderschöner Umami-Keramik-Schälchen). All das kann mit ausgesuchten Weinen aus der Region verbunden werden – oder auch mit guten spanischen, folgt den Amuse-Bouches doch nun ein denkbar sanftes, zuvor drei Tage lang gepökeltes und sieben Stunden im Ofen gegartes Iberico-Schwein, ehe es zu den ebenso kreativ garnierten Käsesorten geht. Und all das auch noch charmant erklärt und kommentiert vom sympathischen Küchenchef Silvio Germann höchstpersönlich!

La Table du Lausanne Palace | Lausanne | Newcomer | 2 Sterne
Wenn einem nicht bereits bei diesem Restaurant-Namen das Wasser im Munde zusammenläuft – und die Augen förmlich übergehen vom Blick aus dem noblen (Hotel-)Restaurant hinunter auf den Genfer See! Zwei Michelin-Sterne, und zwar erstmalig, blinken auch hier, obwohl der Koch Franck Pelux keineswegs ein «Newcomer» ist, sondern seit Langem ein Gourmet-Geheimtipp puncto geradezu magischer Weiterentwicklung der französischen Küche. Denn was wird hier alles in edlem Rahmen kredenzt: schimmernde Kaviar-Perlen und Erbsen-Smaragde auf hauchzarten Gnocchi, gebratener Steinbutt und Pistazien-Soufflé, nicht zu vergessen die berühmten Austern – eine gleichsam schwebende Leichtigkeit, die unvergesslich bleibt.

La Fontana | Locarno | Michelin-Empfehlung
Auf dem Weg zum Ruhm: noch kein Stern, aber eine Michelin-«Empfehlung» als Newcomer, da man hier gekonnt regionale mit mediterraner Küche verbindet, dem Koch sogar bei der Arbeit zusehen – und/oder den Panoramablick auf das schöne Tessin geniessen kann. Wie wäre es also mit Kürbiscreme und Tessiner Ricotta, hausgemachten Tagliolini mit Gamsragout oder hausgeräuchertem Hirsch-Filet mit karamellisierten Kastanien? Dazu gern eine lombardische Cuvée Brut oder ein umbrischer Mare Antico-Chardonnay … Buon Appetito!

Rebalance and Reset
06.September.2021
Aber bitte nicht nur mit Sahne!
Ein kleiner Streifzug durch die Welt der neuen Patisserie.
Schon die Namen trugen schwer an ihrer Last: Donauwelle, Liebesknochen, Bienenstich und Schokokuss. Welche Wucht von Kalorien und Gelatine und wie spöttisch im Hintergrund Udo Jürgens´ unsterbliche Beschreibung des Mampfens: «Aber bitte mit Sahne …» In der Tat: Die Welt der Patisserie – zumindest ausserhalb Frankreichs, wo der luftige Baiser-Genuss seit jeher en vogue ist – ächzte lange unter ihrem Image der Fettbombenproduktion. Und so gehörte quasi seit Ewigkeiten der jovial-dicke Konditor ebenso zu den sofort abrufbaren Bildern des kollektiven Gedächtnisses wie dessen Kundschaft, bestehend aus wohlbeleibt-vergnügten Mamsells in Rüschenbluse und Plauderlaune.
05.November.2021
Café Mardi gras
Ein Besuch in den Cafés Mardi gras und Petit Mardi gras ist wie ein Kurzurlaub in Frankreich.
Einen Platz in der Sonne auf einem klassischen Holzstuhl mit Geflecht, eine Tageszeitung, eine Tasse röstfrischen Kaffee, ein kleines Wasserglas und ab und an ein Blick über den Zeitungsrand, um das geschäftige Treiben zu beobachten – mehr braucht es nicht zum Glücklichsein. Über zehn Jahren lang betrieb Meda Albeida das Café Mardi gras in der Burgerstrasse in Luzern. 2019 wurde die ehemalige Bijouterie nebenan übernommen und in das PETIT Mardi gras verwandelt. Seit einiger Zeit betreibt Sohn Naim Albeida die beiden Lokale und serviert eine köstliche Portion Frankreich und Marokko. Im Mardi gras erwarten die Gäste hausgemachter Hummus, Moutabel und Taboulésalat sowie eine wechselnde Bildergalerie an der Wand für ein bisschen Savoir-vivre. Nebenan im PETIT Mardi gras werden über eine 100-jährige Bartheke aus Paris hinweg klassische Köstlichkeiten wie Croque Monsieur und abends auch mal Apéro und Champagner gereicht. Die Chancen, dass man hier die Zeit vergisst und ein, zwei Stündchen länger als geplant sitzt, sind gross – zum Glück.
30.August.2021
Restaurant Magdalena
Das junge Team rund um Dominik Hartmann kocht in Rickenbach gross auf.
Wenn der Teller aussieht wie ein Kunstwerk und man bei jedem Bissen die Augen schliesst, um die Vielfalt der Aromen zu erfassen, dann weiss man, dass ein besonderes Talent in der Küche steht. Dominik Hartmann lernte unter anderem bei Andreas Caminada und Fabian Fuchs. Gemeinsam mit seiner Frau und Service-Profi Adriana und seinem Freund Marco Appelt, der sich neben einer Kochlehre der Welt der Weine und der Betriebswirtschaft widmete, revitalisierte er das schon lange in Rickenbach bestehende Restaurant Magdalena. Die Auszeichnung «Neueröffnung des Jahres 2020», 18 Gault-Millau-Punkte und zwei Michelin-Sterne zeigen, dass das wohl die beste Entscheidung war, die sie treffen konnten. Abends kann zwischen einem 5‑, 6- oder 7‑Gänge-Menü gewählt werden, bei denen Gemüse klar im Mittelpunkt steht, und natürlich gibt es auch eine weinsinnige Begleitung.

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Alex Steinweiss: Der Mann, der das goldene Zeitalter des Plattencoverdesigns einläutete.