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Wie die künstliche Intelligenz Kunst-Fälschern auf die Spur kommt.

Falscher Dürer-Hase oder unechte Warhol-Blondine: Der milliardenschwere Kunstmarkt ist ein wahres Eldorado für Fake-Artisten. Künstliche Intelligenzen sind aber jetzt den Fälschern auf der Spur – wir haben bei Experten nachgefragt.

Falsche Fertigkeit

Tony Tetro, Wolfgang und Helene Beltracchi, Tom Keating, Han van Meegeren – allesamt Namen, die es zwar nicht ins Ranking der Kunsthighlights geschafft haben, die aber dennoch ihren fixen Platz in der Geschichte der Kunst eroberten. Sie alle wurden durch ein zweifelhaftes Schaffen berühmt – durch das Fälschen von Kunst. Und sie alle wurden überführt, wenngleich es Jahre gedauert hat und letztlich doch der Zufall die Finger im Spiel hatte. Sie führten die routiniertesten Kunstkenner hinters Licht, und ihre Werke wurden letztlich selbst Kunst. Als Tom Keating beispielsweise 1984 starb, gewannen seine Gemälde enorm an Wert, und bis heute wird vermutet, dass noch rund 2´000 seiner Fälschungen auf dem Kunstmarkt im Umlauf sind. Generell gehen Experten davon aus, dass der Markt zu 30 bis 50 Prozent aus Fälschungen besteht. Eine gewaltige Zahl – vor allem wenn man bedenkt, welche Summen zwischenzeitlich für Bilder bezahlt werden. 2017 wurde zum Beispiel die Rekordsumme von 450,3 Millionen Dollar für das Ölgemälde «Salvator Mundi» von Leonardo da Vinci bezahlt, Andy Warhols Bild von Marilyn Monroe kam immerhin für 195 Millionen Dollar unter den Hammer. Auf dem internationalen Kunstmarkt werden jedes Jahr mehr als 70 Milliarden Dollar umgesetzt. Bei solchen Beträgen nimmt man sich als Fälscher auch gern einmal ein paar Stunden mehr Zeit, wenn es darum geht, die perfekte Illusion zu erschaffen.

Künstlich intelligent

So genial die Pinselführung auch sein mag und so realistisch die Materialien gewählt werden – die fetten Fälscher-Jahre sind vorbei. Schuld ist nicht ein neuer Lehrgang bei den Forensikern der Polizei, sondern der Fortschritt. Heute kontrollieren künstliche Intelligenzen die Echtheit von Gemälden, und diese warten nicht auf Zufälle oder die Gunst der Stunde – künstliche Intelligenzen sind leidenschaftslos und unbefangen, sie verlassen sich nur auf eines: Algorithmen. Einer dieser digitalen Detektive wurde von der Schweizerin Dr. Carina Popovici programmiert und erschaffen. Die gelernte Physikerin schuf das Start-up Art Recognition, mit dem sie Fälschern das Handwerk legen will. Es beginnt wie viele spannende Projekte ganz banal – mit einem harmlosen Gespräch unter Freunden. Man tauscht Erfahrungen aus, plaudert über Erfolge und Probleme und stolpert plötzlich über diesen einen Punkt, der einen nicht mehr loslässt. Ähnlich war es bei Dr. Carina Popovici, als ihr eine befreundete Expertin für Kunstgeschichte von der Problematik erzählte, dass die Authentizität von Gemälden schwer festzustellen sei. Popovici erinnert sich an das Treffen: «Der Gedanke hat mich nicht mehr losgelassen. Ich beschloss, eine Lösung dafür zu finden. Leider gab es zu diesem Zeitpunkt noch keine entsprechenden Computerprogramme, die imstande gewesen wären, diese Anforderungen zu erfüllen. Also habe ich mich kurzerhand entschlossen, das Programm selbst zu schreiben.» Das Resultat ist ein neuronales Netzwerk, das auf selbstlernender künstlicher Intelligenz (KI) beruht und in der Lage ist, die Echtheit eines Gemäldes mit 90-prozentiger Sicherheit zu bestimmen – das Zürcher Start-up war geboren und mit ihm der Albtraum jedes Fälschers.

Neuronaler Fälscherschreck

Das Computerprogramm wird mit möglichst vielen Fotos von Originalkunstwerken gefüttert und arbeitet mit Tausenden von Datensätzen. So wird das KI-System immer weiter trainiert. Popovici: «Die Methode, die wir anwenden, nennt man neuronales Netzwerk. Es handelt sich dabei um ein von biologischen Prozessen inspiriertes Konzept im Bereich des maschinellen Lernens. Hat das System einmal gelernt, was typisch für die Bilder eines Künstlers ist, ergibt sich ein Datensatz, mit dem die neuen Bilder, deren Echtheit noch fraglich ist, verglichen werden können.» Konkret vergleicht das System die Pinselschrift, die Chromatik, Kompositionen und Figurationen. Sogar verschiedene Schaffensphasen eines Künstlers kann das System unterscheiden. Laut eigenen Angaben liegt die Trefferquote der KI bei über 90 Prozent. «Bisher haben wir mehr als 500 Kunstwerke von Kunden aus aller Welt analysiert, die Werken von Künstlern von den alten Meistern bis hin zu zeitgenössischen Künstlern zugeordnet werden. Das am meisten angefragte Genre ist der Impressionismus. Rund die Hälfte aller Anfragen betreffen diese Kunstrichtung.» Dennoch hat auch dieses System seine Grenzen, denn die KI ist nicht in der Lage, ein Vermeer-Bild zu verifizieren, da es von ihm lediglich drei Dutzend Werke gibt. Ebenso wenig kann sie hochrestaurierte Bilder, beispielsweise den Salvator Mundi, Drippings von Jackson Pollock oder viele zeitgenössische Medien wie Fotografie oder digitale Kunst erfolgreich unterscheiden, räumt Popovici ein.

Pixel statt Pinsel

Zu den Kunden von Art Recognition zählen neben Privatsammlern aus aller Welt vor allem Kunsthändler, Galerien, Auktionshäuser und Kunstvermittlungsplattformen. Natürlich kommt es vor, dass das Ergebnis der Software in der Kunstwelt nicht gut ankommt. So definierte Popovicis KI das Gemälde «Samson und Delilah» von Peter Paul Rubens letztes Jahr als Fälschung. Ein Aufschrei ging durch die Kunstwelt. Popovici beruhigt aber: «In umstrittenen Fällen weisen wir darauf hin, dass die KI die Analyse frei von Interessen und Emotionen auf der Grundlage von Daten durchgeführt hat. Es ist eine mathematische Operation. Wir schätzen das immense Wissen und suchen stets die Zusammenarbeit mit den Fachleuten. Wir sehen unsere Analyse als Hilfe und betrachten uns nicht als Konkurrenten.» Die Erfolge geben dem System jedenfalls recht, und dem Team rund um Popovici wird so schnell bestimmt nicht langweilig. Denn neben der Weiterentwicklung und Aktualisierung des KI-Algorithmus wird aktuell an der Erkennung von digitalen Fälschungen gearbeitet. Das teilweise Bizarre daran: Digitale Fälschungen können und werden von einer KI erschaffen, und dafür braucht es keineswegs viel Erfahrung. Foto-KIs wie Midjourney, Dall‑E oder Stable Diffusion generieren ein beliebiges Motiv, das in der Realität nicht existiert und das von einem echten Foto nur schwer zu unterscheiden ist. Diese können wiederum mit einer KI der Fälschung überführt werden. Der Haken daran: Die KI-Tools zum Generieren von Fake-Fotos werden in so kurzen Zeitabständen optimiert, dass die Erkennungssoftware hinterherhinkt. Kurzum: Die KI wird von der KI ausgetrickst. Dem Kunstliebhaber bleibt letztlich nur die Frage: Echt jetzt?!

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Nordmann 02

Der Nord-Mann

Musiker, Manager, Trüffelsucher – der neue Intendant des Lucerne Festivals im Porträt.

Sebastian Nordmann wird neuer Intendant bei Lucerne Festival. Der gebürtige Kieler gilt als Verjüngungspille und hat neben dem Gespür für aufkommende neue Stars und innovative Formate auch ein Talent für schwarze Zahlen.

Ab 1. Januar 2026 wird Sebastian Nordmann Intendant des Lucerne Festival, dem renommierten Klassik-Festival in der Stadt am Ufer des Vierwaldstättersees. Sein Vorgänger Michael Haefliger hat dann 26 Jahre lang die Geschäfte geführt, der Wechsel an der Spitze bietet also auch die Chance, neue Wege abseits der eingetretenen Pfade einzuschlagen. 

Sebastian Nordmann wiederum ist seit vierzehn Jahren Intendant des Konzerthauses und Konzerthausorchesters Berlin, er wechselt nun aus der Berliner Sprödigkeit in die schweizerische Noblesse. Nordmann beschreibt sich als weltoffenen Gastgeber, als einer, der grosse Traditionen pflegen und sie zugleich zeitgemäss verändern kann. In Berlin hat er das Publikum verjüngt, bei den Festspielen in Mecklenburg-Vorpommern die Zuschauerzahlen verdoppelt. 

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10. Juni 2022 Mondrian 08

Meister der Moderne

Ein Blick auf Piet Mondrians frühe Schaffensphase in Basel.

Woran denken Sie, wenn Sie den Namen Piet Mondrian hören? Vermutlich an grafische Werke bestimmt von schwarzen Linien sowie Flächen in Weiss, Rot, Blau und Gelb. Doch Mondrian ist vielmehr als das. Ebenso wie es so manchen überrascht wie realistisch Picasso zu Beginn seiner Karriere malte, wird «Mondrian Evolution» neue Perspektiven auf den niederländischen Maler Mondrian eröffnen. Anlässlich seines 150. Geburtstags widmet ihm die Fondation Beyeler eine umfassende Werkschau, die den Fokus auf die Schaffensphase bis 1920 legt. Eingeteilt wird die Ausstellung in Motiv-Kapitel beispielsweise Windmühlen, Dünen oder dem Meer. Fans seiner klassischen Werke können hier den Weg zu seinem ganz eigenen Zugang zu Abstraktion, Symbolismus und Kubismus beschreiten und den Künstler von Weltrang von einer ganz neuen Seite kennenlernen. 

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Disney neu 02

Walt Disney presents…

Zur Vorbereitung auf das große 100-jährige Disney Jubiläum am 16. Oktober werfen wir einen Blick zurück auf die schönsten Klassiker und präsentieren spannende Neuerscheinungen.

Disney ist das wohl bekannteste Filmstudio der Welt. Es gib kaum ein Kind, das nicht mit den kultigen Disney-Heldinnen und Helden aufwächst. Mittlerweile zählen auch die Superhelden-Universen von Marvel und Fox sowie das «Star Wars»-Studio Lucasfilm zur Disney-Konzerngruppe, ebenso wie das Animationsstudio Pixar. Mit Disney+ hat der Konzern sogar einen eigenen Streamingdienst etabliert. Heutzutage kann also so ziemlich jeder im Alter zwischen 0 und 100 Jahren ein Disney-Fan werden. Starten wir unser Special also mit Disney Klassikern, die jeder einmal gesehen haben sollte: 

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