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Die spannendsten Pavillons der diesjährigen Architektur-Biennale in Venedig.

64 Länder sind auf der diesjährigen, 18. Architektur-Biennale in Venedig mit Pavillons vertreten. Wir stellen Ihnen eine Auswahl der interessantesten vor. Den Anfang macht Brasilien, das bereits mit dem Goldenen Löwen für den besten Pavillon ausgezeichnet wurde.

BRASILIEN

Schlicht «Terra», also «Erde», heisst der brasilianische Pavillon. Das Thema: Was hat die Vergangenheit für die Zukunft zu bieten? Im Mittelpunkt stehen dabei das Weltbild und das Wissen indigener und afro-brasilianischer Menschen und die Frage, wie uns dieses Wissen helfen könnte, die Zukunft des Planeten zu sichern. Es geht hier aber auch um einen Wiedergutmachungsversuch. Er richtet sich an jene, die einst versklavt wurden, deren Land geklaut und deren Kultur geraubt wurde. Die titelgebende Erde zieht sich als roter Faden durch das Ausstellungskonzept von Gabriela De Matos und Paulo Tavares. Da wären der Boden, dessen gesamte Fläche bedeckt ist von Erde, oder die Sockel, ebenfalls aus gestampfter Erde, scheinbar archäologisch freigelegte Reste einer vergangenen Zeit. Besucher werden eingeladen, sich mit indigenen Traditionen der Quilombola und mit religiösen Praktiken der Candomblé auseinanderzusetzen – die haben über die Erde sogar Kontakt zu den Ahnen aufgenommen.

KOREA

Korea macht eine Zeitreise ins Jahr 2086. Dann nämlich erreicht die Weltbevölkerung mit über zehn Milliarden Menschen ihren Höhepunkt, so haben es die Vereinten Nationen ausgerechnet. Die Kuratoren Soik Jung and Kyong Park stellen Fragen nach dem Zusammenleben in der Zukunft, nach den verbliebenen Ressourcen und einer möglichen Versöhnung mit der Natur. Tritt man ein, wird man zunächst Teilnehmerin eines Quiz-Spiels. Die riesigen Buttons, mit denen man gelbe, blaue oder grüne Antworten auswählen kann, dominieren den Raum wie in einer Mischung aus Disko und Fernsehstudio. In dieser Reality-Quizshow wird um das Überleben der Menschheit gespielt – damit es uns nach 2086 auch noch gut geht, brauchen wir nämlich eine Menge richtiger Entscheidungen.

DEUTSCHLAND

Länder wie Deutschland gehören zu den Hauptverursachern der Klimakrise, Schuld daran ist auch die hohe Kaufkraft, gepaart mit einer Wegwerf-Mentalität. Auf der Biennale kümmert sich Deutschland nun auf künstlerische, aber auch ganz praktische Weise um den europäischen Müll: Der gesamte Pavillon ist mit gebrauchten Materialien aus 40 Länderpavillons der vergangenen Kunst-Biennale gestaltet worden. «Wegen Umbau geöffnet», heisst es hier. Herumliegende Holzlatten, Rohre, Platten, Aluminium, Stahl, sie lassen das Gefühl aufkommen, in einer grossen kreativen Werkstatt gelandet zu sein. Die Kuratoren rund um ARCH+, Summacumfemmer und Buero Juliane Greb haben also erstmal Schrott gesammelt, und nun sollen Studierende und Handwerker aus ganz Europa ihn weiterverarbeiten. Es wird gesägt, gehämmert, Wissen vermittelt und Erfahrungen ausgetauscht. Bis zum Ende der Architekturbiennale soll das gesamte Material wiederverwertet sein, zum Beispiel in die Häuserrenovierung von Venedig einfliessen.

ÖSTERREICH

Eine eher unfreiwillige Baustelle war der österreichische Pavillon, hier haben sich die Kuratoren nämlich den Unmut der Biennale-Leitung zugezogen. Das Architektenteam mit Beteiligung des Star-Architekten Herwig Czech wollte den Pavillon teilen: Eine Hälfte sollte den Biennale-Besuchern zugänglich sein. Die andere Hälfte wollte man den angrenzenden Anwohnern Venedigs als Versammlungsraum zur Verfügung stellen, ihn also nach aussen öffnen. Solche Orte sind in dem Stadtteil nämlich Mangelware. Doch die Biennale-Leitung lehnte das ab. Nun steht der Raum unbenutzt und mahnend da – die Besucher der Biennale können ihn jedenfalls nicht betreten. Mit einer solchen Entwicklung haben die Team-Mitglieder allerdings gerechnet – für sie kommen die Ambivalenz der Biennale und ihr kompliziertes Verhältnis zur Stadt Venedig, die unter der Wohnungs- und Platznot leidet, damit besonders deutlich heraus.

USBEKISTAN

Nachhaltiges Bauen ist eines der zentralen Themen auf der Biennale. Umweltschonende Architektur muss nur zum Teil neu erfunden werden. Man kann auch auf traditionelle Bauweisen zurückgreifen, denn die waren meist optimal an die Gegebenheiten angepasst. Usbekistan schaut mit seinem Pavillon auf die exotische wie geheimnisvolle traditionelle Baukultur der Choresmier. Karl Fournier und Olivier Marty von Studio KO haben hier gemeinsam mit Studierenden aus Taschkent die Präsentation «Unbuild Together: Archaism vs. Modernity» konzipiert. Zu sehen sind Fotografien und Modelle der antiken Stadt Toprak-Kala, die aus luftgetrockneten Lehmziegeln bestand. Man vermutet, dass die Choresmier über ein ausgeklügeltes Wissen in der Baukunst verfügten: Man verstärkte damals die Mauern mit kleinen Wüstensteinen und verwendete Flusssand, der Feuchtigkeit aufsaugen kann. Im Pavillon lassen sich Kuratoren, Handwerker, Wissenschafter und Künstler gemeinsam von den legendären Wüstenbauten für mehr Nachhaltigkeit in der Zukunft inspirieren.

LETTLAND

Wer lieber shoppen geht, sollte sich im lettischen Pavillon umschauen. Und findet dort einen «Super-Wissensmarkt». Über 500 Fantasieprodukte wurden extra für die Biennale entwickelt, nicht nur von Lettland, sondern von sämtlichen teilnehmenden Länderpavillons und Kuratoren vergangener Architekturbiennalen. Hier kann man Gemüsesaft «Wetland», eine Tüte Kartoffelchips Marke «Extreme Nature» oder das Waschmittel «Villa Frankenstein» kaufen. Am Ende soll ausgewertet werden, was vom Publikum am häufigsten mitgenommen wurde. Warum das Ganze? Der Supermarkt steht symbolhaft für das gesammelte Wissen der Biennale, mit dem in der Praxis leider viel zu wenig angefangen wird. All die Ideen und Konzepte verschwinden wieder in einer Schublade und geraten in Vergessenheit, kritisieren die Kuratoren. In diesem Supermarkt können wir sie kaufen, miteinander kombinieren und konsumieren.

FRANKREICH

Frankreich veranstaltet ein «Ball-Theater». Im französischen Pavillon, konzipiert von Muoto, befindet sich eine silberne Halbkugel: pompös, glamourös und futuristisch zugleich. Innen kann man sich in den verspiegelten Wänden betrachten und sich dabei mithilfe eines extraordinären Echo-Sounderlebnisses davontragen lassen, irgendwohin, wo man selbst und die ganze Welt in einer besseren Version existieren. Architektur soll wirklich erfahren, gespürt und geistig erweitert werden. Hier im Ball-Theater wird jedenfalls nicht nostalgisch zurückgeschaut, wie es der Name vielleicht vermuten mag. Hier wird der Blick in die Zukunft gerichtet, voller Tatendrang und Kreativität zu neuen Ufern in eine bessere Gesellschaft aufgebrochen. Die Party ist noch lange nicht vorbei, frohlocken die ballerfahrenen Franzosen.

GROSSBRITANNIEN

Um Alltagsrituale und ihre Bedeutung für den sozialen Zusammenhalt geht es im britischen Pavillon, der mit dem rätselhaften Titel «Dancing before the Moon» aufwartet. Der Mond ist in vielen Kulturen ein Symbol für das Leben. Und Tanzen bringt Menschen ja bekanntlich zusammen. Das Kuratorenteam nimmt die Sehnsucht vieler Menschen nach Alltagsritualen und Aberglauben auf, denn die hauchen dem Leben einen übergeordneten Sinn ein und verbinden Generationen und Gemeinschaften miteinander. Viele der Künstler haben einen Migrationshintergrund aus einer der ehemaligen britischen Kolonien, ihre Traditionen und Rituale wurden von den Nachfahren meist – zwecks Anpassung an die Mehrheitsgesellschaft – aufgegeben. Die Künstler rücken dieses Erbe nun in den Vordergrund ihrer Objekte, sie schreiben Alltagsrituale aus Trinidad, Indien oder Zypern in die Installationen hinein. In der Architektur müssen sich alle wiederfinden, nur dann leben wir auch wirklich in einer gemeinsamen Welt, so das Credo. Und getanzt werden darf wahrscheinlich auch.

Biennale Architettura 2023

Architektur-Fans haben noch genügend Zeit, die Biennale zu besuchen. Biennale Architettura 2023, Venedig, 20. Mai – 26. November 2023

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