Die in London lebende Kunsthistorikerin Aindrea Emelife kuratiert den Beitrag Nigerias auf der diesjährigen Biennale von Venedig. Ein Gespräch über das grosse Interesse an afrikanischer Kunst und wie sie Klischees brechen möchte.
Sie haben den nigerianischen Pavillon unter das Motto«Nigeria Imaginary» gestellt. Was hat es damit auf sich?
Es geht mir darum, zurück in die Vergangenheit Nigerias zu blicken und daraus Zukunftsszenarien zu entwickeln, wie das Land aussehen könnte. Oder anders gesprochen: wie Nostalgien zu Utopien führen können. Deshalb habe ich eine Gruppe von Künstlerinnen und Künstlern gebeten, in ihre Erinnerungen abzutauchen und sich ganz ihren Hoffnungen hinzugeben. Wir arbeiten an einem Manifest für Nigeria.
Sie haben acht Künstlerinnen und Künstler ausgewählt, darunter die im Ausland lebenden Kunstschaffenden Yinka Shonibare und Oyin Ojih Odutola. Warum gerade diese acht?
Es war mir wichtig, die Gruppe sehr divers zu gestalten, jede Generation sollte eine Stimme haben, auch sollten die verschiedenen Stämme Nigerias vertreten sein. Viele Kunstschaffende Nigerias leben ausserhalb des Landes, sie haben manchmal einen anderen Blick auf das Land, ich habe deshalb darauf geachtet, dass auch einige von ihnen dabei sind. Denkt man gemeinhin an die Kunst Nigerias, oder besser gesagt Afrikas, dann denkt man sofort an Malerei und Skulptur. Das ist allerdings ein Klischee, viele Künstlerinnen und Künstler arbeiten mit anderen Medien wie Musik, Installationen oder Neuen Medien. Genau das will ich zeigen.
«Viele Künstlerinnen und Künstler arbeiten mit anderen Medien wie Musik, Installationen oder Neuen Medien. Genau das will ich zeigen.»
Es ist erst das zweite Mal, dass Nigeria an der Biennale in Venedig teilnimmt. Was bedeutet das für die nigerianische Kunstszene, bzw. für die Künstler, die von dort kommen?
Sichtbarkeit ist eine der wichtigsten Dinge in der Kunstwelt, und wo könnte man sichtbarer sein als auf der Biennale von Venedig? Afrikanische Nationen waren lange auf der Biennale gar nicht präsent, das ändert sich gerade, und das gibt Künstlerinnen und Künstler viel Selbstbewusstsein. Es wäre aber gefährlich, wenn ihre Beiträge jene stereotypen Vorstellungen afrikanischer Kunst reproduzieren, die schon lange nicht mehr der Wirklichkeit entsprechen. Nigerianische Künstler stehen in direktem Austausch mit der globalen Kunstszene, Entwicklungen, die anderswo passieren, werden hier stark wahrgenommen und erlauben es, ganz anders auf das Land zu blicken, als man das in der Vergangenheit gemacht hat.
«Ich mag das Wort Hype nicht, denn es impliziert, dass er bald wieder vorbei sein wird.»
Hat die erstmalige Teilnahme Nigerias an der Biennale 2017 die Art und Weise beeinflusst, wie im Land über Kunst gedacht oder gesprochen wird?
Die Aufmerksamkeit der internationalen Kunstszene gegenüber afrikanischer Kunst hält bereits einige Jahre an, insofern war es nur folgerichtig, dass — wie einige wenige andere afrikanische Nationen auch — Nigeria auf der Biennale vertreten ist. Die Ausstellung, die damals gezeigt wurde, wanderte später nach London, dann auch nach L.A. Damit konnten zum einen noch mehr Menschen erreicht werden, zum anderen hat es die Bedeutung von Kunst und Kunstschaffenden in Nigeria positiv beeinflusst und viel Begeisterung entfacht. Die Teilnahme an der Biennale ist nur ein Puzzlestein in der Entwicklung einer Kunstszene, allerdings ein sehr wichtiger.
Manche sprechen von einem regelrechten Hype rund um Kunst aus Afrika. Wie nehmen Sie die Entwicklungen wahr?
Ich mag das Wort Hype nicht, denn es impliziert, dass er bald wieder vorbei sein wird. Wichtig ist, dass Menschen das, was in den verschiedenen Kunstszenen in Afrika passiert, wahrnehmen und auch verstehen. Es ist Teil einer allgemeinen Entwicklung und es erzählt viel darüber, was die Sorgen und Herausforderungen von Menschen und Ländern sind, die aber nicht losgelöst von globalen Entwicklungen verstanden werden können.
Die diesjährige Biennale steht unter dem Motto«Stranieri Ovunque – Foreigners Everywhere». Es scheint, dass sich ihr kuratorisches Konzept da perfekt einfügt. Zufall?
Das Motto impliziert, dass man zwar aus einem Land stammen kann, aber viele unterschiedliche Sichtweisen in sich tragen kann. Gerade Nigeria mit seinen vielen Stämmen und Sprachen lässt sich nicht auf eine Position oder These herunterbrechen. Auch ich stamme aus Nigeria, bin aber im Ausland aufgewachsen und kann mich persönlich sehr gut in dieses Motto hineinfühlen.
Facts
Die britisch-nigerianische Kunsthistorikerin Aindrea Emelife ist Kuratorin am Edo Museum für westafrikanische Kunst in Nigeria und kuratiert den diesjährigen Beitrag Nigerias auf der Biennale von Venedig. Sie lebt in London.
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