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Top-Fotograf Iwan Baan dokumentiert seit 20 Jahren das Entstehen neuer Räume. Im exklusiven Talk verrät er, warum Architektur ohne Menschen nicht funktioniert.

Sie reisen viel durch die Welt, haben ein Büro in Amsterdam, NY und Hong Kong. Wo erreichen wir Sie gerade?
Gebäude kommen nicht zu mir, daher bin ich sehr viel unterwegs. Im Moment ist unser Haus in Upstate New York meine Basis, von dort aus arbeite ich gerade an meinem aktuellen Projekt der grossen Ausstellung im Vitra Design Museum. Geplant ist ein Katalog mit 600 Seiten, fast so schwer wie ein Ziegelstein. Gezeigt werden fast die letzten 20 Jahre meiner Arbeit, das ist eine ganze Menge …

Und Sie treffen die Auswahl für die Ausstellung selbst?
Gemeinsam mit der wunderbaren Mea Hoffmann, welche die Ausstellung kuratiert. Und natürlich hilft mein Team mit, welches mich schon lange begleitet. Aber im Endeffekt bin ich der Einzige, der zu den Projekten alle Hintergrundinfos und vor allem meinen persönlichen Bezug kennt. Somit kommen fast alle Fragen und Entscheidungen zu mir.

Wie ist es möglich, aus 20 Jahren Arbeit eine Auswahl zu treffen?
Wie bei all meiner Arbeit, gehe ich sehr intuitiv an die Sache heran. Wobei es bei dieser grossen Show jetzt natürlich schwieriger ist als bei anderen Ausstellungen, bei denen es ein bestimmtes Topic oder Projekt als Narrativ gab. Jetzt geht es ja darum, den gesamten Umfang meines Schaffens auf den Punkt zu bringen. Und das ist gar nicht so einfach. Zuerst hatte ich 5000 Bilder für die Ausstellung ausgewählt, und nun muss ich sie immer mehr zum Kern herunterbringen. Fotos auszusortieren, fällt mir dabei gar nicht so leicht.

Auf den Punkt gebracht: Worum geht es Ihnen bei Ihrer Arbeit, unabhängig vom Projekt?
Zu zeigen und zu entdecken, wie kreativ Menschen leben und sich ihren Lebensraum gestalten und aneignen. Entweder von Architekten entworfen und geplant, aber auch das andere Ende des Spektrums, wie Menschen manchmal unter widrigsten Bedingungen unglaubliche Orte schaffen. Das ist mein eigentliches Interesse an Architekturprojekten. Wie Menschen darin leben und arbeiten, wie sie ihre Umwelt gestalten.

Gibt es einen speziellen Foto-Moment, der Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?
Da gibt es jetzt nicht den einen speziellen Moment, aber was mich immer extrem fasziniert, ist die Frage, was auf der ganzen Welt als Norm angesehen wird, wie man leben soll. Und wie unterschiedlich das an unterschiedlichen Orten interpretiert wird. Wie oft aus den unterschiedlichsten und manchmal oft schwierigsten Umständen etwas Wunderschönes geschaffen wird. Das sind meine besten Foto-Momente.

Haben Sie einen Überblick, wie viele Fotos Sie bereits in Ihrem Leben gemacht haben?
Keine Ahnung! Jetzt in der digitalen Zeit macht man auch ständig privat Fotos. Auf jeden Fall eine ganze Menge.

«Buildings should serve people, not the other way around.» Diese oft zitierte Philosophie von John C. Portman verwenden Sie gerne für Ihren Spirit. Was bedeutet dieser Satz für Sie?
Viel! Um ehrlich zu sein, bin ich ein wenig skeptisch gegenüber Architektur, ob das wirklich immer das Credo ist. Oft wirkt es eher so, als würde es darum gehen, jedes Detail zu kontrollieren. Dabei ergibt sich die Funktion eines Gebäudes immer erst durch die Menschen, die darin leben und arbeiten. Ich kehre daher auch sehr gerne an Orte zurück, um zu sehen, wie sich die Architektur nach Jahren durch die Bewohner verändert hat. Die meisten erfolgreichen Architekten machen das auch gerne. Sie sehen ihre Gebäude als offen, die den Menschen auch genug Freiräume lassen, die sie mit ihrem eigenen Leben erfüllen. Und damit das Gebäude. Die Räume zu ihren Räumen machen, je nach ihren Bedürfnissen.

Ich habe immer 1000 Ideen. Meine Neugier ist noch lange nicht gestillt! Iwan Baan

Ist das bei moderner Architektur vermehrt der Fall?
Ich bin mir nicht ganz sicher, ob Architektur von heute diesen offenen Raum vermehrt bietet. Oft ist Design auch eher das, was man aus dem Katalog bestellt, was weniger Raum für Freiräume bietet, Dinge, die man nur schwer an die eigenen Bedürfnisse individuell anpassen kann. Früher gab es mehr Raum für Intuition, weniger Auswahl, dafür mehr Möglichkeiten, Dinge einfach auszuprobieren.

Haben Sie eine persönliche Vision perfekter Architektur?
Vieles in der heutigen Architektur wirkt austauschbar, einheitlich. Die Einzigartigkeit fehlt. Früher kamen Stil, Materialien, Wissen etc. automatisch aus der Region. Heutzutage werden Materialien in die ganze Welt geliefert und alle aus den gleichen Katalogen bestellt, wodurch sie so wenig Bezug zur Region habe. All diese Sachen lassen viele Gebäude austauschbar wirken. Ich achte daher genau darauf, was speziell an einem Gebäude ist. Warum ist gerade dieses Gebäude in dieser Gegend und funktioniert genau hier? Wie ist es mit der Umwelt verbunden? Antworten auf diese Fragen zu finden, ist meine Hauptmotivation für meine Arbeit. Und glücklicherweise gibt es immer noch viele Menschen, die einzigartige Architektur schaffen.

Sie haben mit Rem Koolhaas und Zaha Hadid zusammengearbeitet. Was haben Sie von diesen Grössen mitgenommen?
Ich war Fotograf, aber als ich 2004 mit Architektur-Fotografie startete, wusste ich sehr wenig über die Materie. Ich ging mit viel Intuition und Neugier an die Sache ran. Was im Endeffekt ein Vorteil war. Ich ging daher sehr offen und unbefangen in meine erste Arbeit mit Rem Koolhaas, bei der ich vorschlug, den Bau des CCTV-Gebäudes in Peking zu dokumentieren. Das war eine sehr interessante Zeit, in der sich die Stadt extrem verändert hat. Und ich sehr viel über Architektur gelernt habe.

Was bedeutet Fotografie für Sie?
Für mich ist es das Storytelling eines Ortes in Bildern. Mit meinen Bildern erkunde ich nicht blosse Architektur, sondern lokale Gegebenheiten, ein Lebensgefühl, einen Mindset – im Endeffekt verbinde ich mich mit einem Ort und bilde ihn ab.

Gibt es das Geheimnis eines guten Fotos?
Im richtigen Moment, mit dem richtigen Mindset am richtigen Ort sein. Du kannst nicht planen, du musst einfach dort sein. Manchmal braucht es dazu einen Tag, manchmal eine Woche.

Welchen Einfluss hat Architektur auf Städte?
Ich denke, historische Gebäude haben oder hatten deutlich mehr Einfluss auf Städte als Architektur heute. Heute werden Städte häufig von grossen Immobilienentwicklern designt, die einer Stadt kein spezielles Gesicht geben. So werden zwar oft umfangreiche Pläne präsentiert, aber letztendlich entstehen Lego-Boxen, die überall gleich aussehen. Aber natürlich gibt es auch viele wunderbare Architekten, die die Besonderheit eines Ortes berücksichtigen.

Engagieren Sie sich selbst in Sachen Architektur?
Aktuell arbeite ich an einem kleinen Projekt mit Studio Mumbai, wo es genau darum geht, open minded an Architektur ranzugehen. Zu sehen, was der Ort braucht, etwas zu erschaffen, wo sich die Bewohner ihren Raum nehmen. Ich habe immer 1000 Ideen. Meine Neugier ist noch lange nicht gestillt!

Haben Sie einen liebsten Ort?
Ich liebe Reisen, würde so viele Orte gerne noch sehen. Besonders fasziniert hat mich bis jetzt Japan mit seiner vielfältigen Kultur. Aber auch die amerikanische Wüste, L.A., NY, Chicago begeistern mich. Es ist immer schwer zu sagen, ob ich einen Lieblingsort habe, ich fühle mich schnell zu Hause – unter ganz unterschiedlichen Umständen.

Gibt es Pläne für die Zukunft?
Weiter herauszufinden, was ich machen möchte, was mich erfüllt. Und natürlich mit meiner Familie und den zwei kleinen Kindern weiter die Welt für Projekte bereisen. Und natürlich die Eröffnung der Ausstellung. Auch wenn man so lange daran arbeitet, ist es immer eine grosse Überraschung, wenn man es dann final und live sieht.

Vielen Dank für das Gespräch!

Aktuell widmet das Vitra Design Museum Iwan Baan eine grosse Ausstellung.

Iwan Baan | 21. Oktober 2023 bis 03. März 2024 | Vitra Design Museum

Iwan Baan gilt als einer der bedeutendsten zeitgenössischen Fotografen für Architektur und Städtebau. In eindrücklichen Bildern dokumentiert er das Wachsen globaler Megacities von den Werken bekannter Architekturstars, darunter Herzog & de Meuron, Rem Koolhaas und Zaha Hadid bis zu den sehr speziellen, traditionellen Wegen, wie Menschen sich Räume schaffen, manchmal aus purer Notwendigkeit, unter den schwierigsten Umständen. Der Fokus liegt dabei immer auf den Bewohnern, die ein Gebäude erst lebendig machen. Mit der Ausstellung widmet das Vitra Design Museum dem niederländischen Fotografen die erste umfassende Retrospektive. 

design​-museum​.de | iwan​.com

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03.Mai.2023 Bienen

Von Königinnen und Drohnen

Was ist klein, rund und trägt die Farben der Tigerente? Spannende Fakten zum Weltbienentag am 20. Mai.

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02.Januar.2023 Davel 01

Für die Freiheit

Die Opéra de Lausanne präsentiert eine dem Freiheitskämpfer Davel gewidmete Oper.

Rund 350 Jahre nach seiner Geburt wird dem Schweizer Freiheitskämpfer Jean Daniel Abraham Davel ein musikalisches Denkmal gesetzt. Die Opéra de Lausanne hat zwei Waadtländer Künstler gebeten, diese charismatische Figur in Wort und Ton zu fassen. Nach drei Jahren Arbeit steht die Oper nun im Januar und Februar 2023 auf dem Spielplan. Sie erzählt für das Publikum von heute vom Zweifel und inneren wie äusseren Kampf des 1670 in Morrens geborenen Davel. Als junger Mann stand er in militärischen Diensten. Nach einer erfolgreichen Schlacht für Bern und der Ernennung zum Major liess er sich im Waadtland nieder. Patriotismus und mystische Visionen brachten Davel dazu, die Waadt von der Herrschaft Berns befreien zu wollen. Am 31. März 1723, als der bernische Landvogt abwesend war, marschierte er mit 500 bis 600 Soldaten in Lausanne ein. Davel legte dem Gemeinderat ein Manifest vor, das die Verfehlungen der bernischen Regierung anprangerte. Am 1. April wurde er festgenommen, vom Bürgergericht Lausanne zum Tode verurteilt und in Vidy hingerichtet. Nach der Unabhängigkeit des Kantons Waadtland 1803 wurde Davel zur patriotischen Symbolfigur. 

Christian Favre & René Zahnd
Davel

Termine:

  • Sonntag, 29. Januar 2023 | 17.00 Uhr 
  • Mittwoch, 01. Februar 2023 | 19.00 Uhr 
  • Freitag, 03. Februar 2023 | 20.00 Uhr 
  • Sonntag, 05. Februar 2023 | 15.00 Uhr 

Opéra de Lausanne

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31.März.2023 Nostalgie Serien

Nostalgischer Serienspass

Reloaded: Wir präsentieren euch einige Neuauflagen altbewährter Kult-Serien.

Netflix

Mit «Fate: The Winx Saga» legte Netflix den animierten Fantasy-Kult-Hit «Winx Club» neu auf – und zwar als Real-Serie. Hauptfigur ist die junge Bloom, die eines Tages feststellt, dass sie über magische Fähigkeiten verfügt und in Wahrheit eine Fee ist. Staffel 1 – 2 sind auf Netflix verfügbar. Eine dritte Staffel soll es zwar nicht geben, die Feen des «Winx-Club» werden uns vermutlich jedoch in Form eines geplanten Kinofilms weiterhin begleiten. Wann wir die Live-Action-Umsetzung der beliebten Serie zu sehen bekommen, bleibt allerdings vorerst noch abzuwarten. Sommer 1995. Red und Kitty Forman erhalten in den Ferien Besuch ihrer Enkelin Leia, der Tochter von Eric und Donna. Staffel 1 der Netflix-Serie «Die wilden Neunziger!» – das Spin-off von «Die wilden Siebziger» – startete am am 19. Januar 2023. Nur wenige Wochen nach der Veröffentlichung bestätigte Netflix bereits dass es eine 2. Staffel geben wird. Wann die neuen Folgen zu sehen sind steht noch nicht fest. Vor 28 Jahren verabschiedete sich die Familie Tanner mit dem Serienfinale von «Full House» aus der TV-Landschaft. Doch was ist seitdem passiert? Was ist aus Jesse, Joey sowie dem alleinerziehenden Familienvater Danny und seinen drei Töchtern geworden? Dieser Frage geht die Sequel-Serie «Fuller House» in fünf Staffeln auf den Grund. Ein weiteres Spin-off begleitet die junge Hexe Sabrina beim Versuch ihr Leben als halbe Hexe mit den ganz normalen Teenagerdramen einer Sterblichen unter einen Hut zu bringen. «Chilling Adventures of Sabrina» – Ableger der Drama-Serie «Riverdale» sowie der Zeichentrick-Serie «Sabrina — Total verhext!» – erzählt die Geschichte dabei weit düsterer als manche von uns sie aus ihrer Kindheit kennen. Staffel 1 – 4 sind online verfügbar. 

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