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Die Weltraumarchitekten LIQUIFER starten mit ausserirdischem Wohndesign durch.

«There’s a starman waiting in the sky …» David Bowies Songzeilen schwirren einem unweigerlich durch den Kopf, sobald man das Büro der Wiener Weltraumarchitekten LIQUIFER Systems Group betritt. Öffnet man die unscheinbare weisse Bürotür, fällt der erste Blick sofort auf einen grossen blitzblau-weissen Weltraumschlafsack an der Wand. Dieser scheint über den Schreibtischen zu schweben und lässt sogleich erahnen: Hier entstehen Pläne für andere Welten. Das Architektenteam von LIQUIFER hat sich der Idee verschrieben, den Weltraum aktiv zu gestalten. Mit Design und Kompetenz, stets kreativ, aber nicht abgehoben. Im Gegenteil, das Motto «Form folgt Vision. Vision folgt Wirklichkeit» hat immer oberste Priorität, wenn es um ausserirdische Wohnprojekte geht. Was utopisch klingt, wird im Moment gerade real. Die Planung der nächsten Internationalen Raumstation Lunar Gateway steht auf der Agenda der österreichischen Designschmiede. Der Nachfolger der ISS soll um den Mond kreisen und vier Astronauten ein bequemes Zuhause bieten. Genau diese fünf Meter lange und 3,5 Meter Durchmesser grosse WG mit spektakulärer Aussicht gilt es nun durchdacht zu gestalten. Und dafür sind die Ideen von Barbara Imhof, Waltraut Hoheneder und René Waclavicek gefragt. 

Fly me to the Moon

Was es konkret alles zu berücksichtigen gibt, verrät schon besagter Weltraumschlafsack an der Wand. Nur eines der alltäglichen Utensilien, die das LIQUIFER Team in seine Pläne integriert. Barbara Imhof, studierte Architektin und Absolventin der International Space University in Strasbourg, liebt die Herausforderung und hat das Potenzial der Weltraumarchitektur früh erkannt. Geprägt von Wolf D. Prix, der während ihres gemeinsamen Studiums mit Waltraut Hoheneder an der Universität für angewandte Kunst in Wien ihr Interesse an Utopie weckte. Denn auch wenn die Gestaltung des Weltraums auf den ersten Blick unrealistisch wirkt, so ist sie mittlerweile ein konkreter Teil unserer Realität geworden. «Ein Space Shuttle kann binnen zehn Minuten den Raum der Schwerkraft überwinden. Und die ISS ist nur rund 350 Kilometer von der Erde entfernt», erklärt Imhof. Wie nah Mond und Erde rücken, beweist auch das neue Mondlandeprogramm «Artemis» der NASA. Schon 2024 soll die erste Besatzung neue Spuren auf der Mondoberfläche hinterlassen. Und hier kommt wieder das Lunar Gateway ins Spiel. Diese fliegende Raumstation ist als Tor zu Mars und Mond geplant. Als Zwischenstopp für Landungen auf dem Mond, Vorbereitungszone für die sechsmonatige Reise zum Mars und wissenschaftliche Plattform. 

«Das Gateway wird dabei helfen, den richtigen Umgang mit Risiken für den menschlichen Körper im interplanetaren Raum zu erlernen. Ausserdem bietet es die perfekte Möglichkeit, den Umgang mit Ressourcen zu optimieren. Im All herrschen extreme Bedingungen, Luft und Wasser sind knapp. Die einzige Energiequelle ist die Sonne. Das alles sind Zugänge, die man auch für Projekte auf der Erde nutzen kann», erklärt Waltraut Hoheneder, die als Tochter eines Naturwissenschaftlers bereits früh von der Idee des «Nullenergiehauses» fasziniert war. Dieses Prinzip innovativer Kreislaufsysteme jetzt im All umzusetzen, erfüllt der Designerin mit den auffällig roten Haaren und dem offenen Lächeln somit einen Kindheitstraum. Ebenso geht es René Waclavicek, der eigentlich Astronaut werden wollte, bevor er Architektur an der TU Wien studierte. «Als ich Barbara Imhof kennenlernte, erwachte mein alter Traum vom Weltraum wieder. Umso glücklicher bin ich, dass ich jetzt für die Schwerelosigkeit planen kann.» Mit all ihren Herausforderungen und Möglichkeiten. «Design für den Weltraum bringt einen völlig neuen Blick auf das Thema Architektur. Man braucht keine herkömmlichen Möbel wie Tisch, Bett oder Sessel. Es gibt kein Oben und kein Unten. Keinen Boden, keine Decke. Alle Oberflächen können gleichwertig genutzt werden», ergänzt Imhof. Umso wichtiger ist auch der direkte Austausch mit Astronauten, um die Bedürfnisse der Crew bei der Planung konkret zu berücksichtigen.

Ausserirdischer Alltag

Auf 48 Kubikmetern – so die Masseinheit im Weltraum – gilt es beim Lunar Gateway vieles unterzubringen. Die Anforderungen lesen sich wie folgt: private Rückzugsmöglichkeiten sowie Bereiche zum Kochen und Essen, ein kleiner Sportbereich, eine Steuerungskonsole und Raum für wissenschaftliche Experimente. Eine Hygieneeinheit und genügend Stauraum für Vorräte und Ersatzteile sind ebenso vorgesehen. Nicht zu vergessen die Lebenserhaltungssysteme. Gestalterisch und planerisch durchaus eine Herausforderung. Eine faltbare Kajüte in der Grösse einer Telefonzelle bietet etwa Platz für besagten Weltraumschlafsack, der mit Klettverschlüssen an der Wand fixiert wird. Wie alle losen Gegenstände – Fotos, Teller, Werkzeug und vieles mehr würden sonst allein durch einen Atemstoss frei durch den Raum schweben. Und auch das Thema Farbe und Licht bekommt immer grössere Bedeutung. «Künstliche Beleuchtung ermöglicht einen Tag-Nacht-Zyklus. Ausserdem sind die Kajüten farblich für die Astronauten anpassbar. Ein Aufenthalt im All ist extrem arbeitsintensiv und fordernd, umso wichtiger ist es, auch Räume zur Entspannung zu schaffen», erläutert René Waclavicek mit ruhiger Stimme. 

Utopien im Reality Check

Bewohnbarer Platz ist definitiv Luxus hoch oben über der Erde. Umso erstaunter war das LIQUIFER-Team, als es das erste Mal live in einem selbst geplanten Habitat stand. «Wir waren alle überrascht, dass es sich viel grösser angefühlt hat als vorab in den Virtual-Reality-Tests.» Waltraut Hoheneder lacht und erzählt vom Projekt SHEE, das die Machbarkeit dieses Wohnmoduls unter extremen Bedingungen, wie etwa am Mars, zum Thema hatte. Bei diesen Simulationsexpeditionen sind die Architekten auch vor Ort und testen die von ihnen geplanten Räume – wenn es sein muss auch in voller Astronautenmontur oder unter Wasser, um die unterschiedlichen Schwerkräfte zu simulieren. So passiert beim Projekt Moonwalk. In utopischen Dimensionen zu denken ist gelebter Alltag des LIQUIFER-Teams. Ob beim Projekt EDEN ISS, einem abgeschirmten 12 Quadratmeter grossen Gewächshaus in der Antarktis, oder beim Projekt LavaHive, wo ein Habitat mit Schildstruktur aus Marssand und recycelten Transportmodulen geplant wurde. Den Ideen sind keine Grenzen gesetzt. Barbara Imhofs Vision eines solarbetriebenen Weltraumaufzugs in den unendlichen Raum erscheint vor diesem Hintergrund wunderbar realistisch.

Design-Dimensionen

Die LIQUIFER Systems Group ist ein interdisziplinäres Team aus Architekten und Ingenieuren mit Kompetenzen in Weltraumforschung und ‑architektur. 2003 von Dr. Barbara Imhof gegründet, wird es seit 2005 mit Waltraut Hoheneder und seit 2019 mit René Waclavicek als weitere Geschäftsführer geführt. Neben zahlreichen EU‑F&E‑Projekten arbeitet LIQUIFER Systems Group aktuell an einem Entwurf für den Innenraum des Habitatmoduls der nächsten Internationalen Raumstation Lunar Gateway. Diese soll ab 2025 um den Mond kreisen. Die Chancen auf den konkreten Auftrag stehen gut.

liquifer​.com

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Dimitri Bähler 01

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Spontan, radikal und poetisch zugleich: So nennt Designer Dimitri Bähler seine Arbeitsweise selbst. Seine Designmöbel sind von seinem klaren Stil geprägt, der von strenger, aber auch kreativer Formgebung bestimmt wird. Sein Werk ist stets mit fundierter angewandter Forschung verbunden, wenngleich er sich in der finalen Umsetzung dann von Intuition leiten lässt.

Dimitri Bählers Arbeiten gehen von Einzelstücken im Bereich der Installation bis hin zu Objekten für die oftmalige Vervielfältigung, ob Lampen und Leuchten, Möbel oder Aufbewahrungsobjekte. Dabei lotet er gerne die Spannungen zwischen einfach und komplex, dekorativ und funktional aus. Formale Klarheit und die Freude am Abenteuer wechseln sich ab und ergänzen sich. Er vereint Handwerkskunst, Technologie, ursprüngliche Materialien und Herstellungsmethoden sowie Errungenschaften des wissenschaftlichen und technischen Fortschritts.

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20. Januar 2023 Lucas Herzig 01

Zwischen den Zeilen

Das MASI Lugano zeigt die Arbeiten des Tessiner Künstlers Lucas Herzig.

Seit nunmehr 40 Jahren ist der Manor Art Prize Ticino eine der wichtigsten Auszeichnungen zur Förderung der zeitgenössischen Kunst in der Schweiz. 2022 wurde damit der 1988 in Zürich geborene und im Tessin aufgewachsene Künstler Lucas Herzig ausgezeichnet. Die noch bis 19. Februar 2023 gezeigte Einzelausstellung «and often means always» im MASI Lugano zeigt eine Auswahl neuer Werke, darunter auch Arbeiten, die speziell für die Schau realisiert wurden. Herzigs Arbeiten spielen mit der Wahrnehmung und fordern den Betrachter auf, über Oberflächlichkeiten hinwegzublicken. Zwischen Schein und Sein fällt der Blick auf die Subjektivität, die jeder Betrachtung zugrunde liegt. Dabei bedient sich Herzig unterschiedlicher Methoden und Materialien – von der Installation über Skulpturen und Zeichnungen bis hin zu Videos ist alles vertreten. 

MASI Lugano | Palazzo Reali
Lucas Herzig – and often means always
Bis 19. Februar 2023
masilugano​.ch

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