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Bill Bensley zählt zu den visionärsten Hospitality-Designern unserer Zeit. Hotels auf der ganzen Welt tragen seine farbenfrohe und detailorientierte Handschrift. Im exklusiven Talk mit moments verrät er, warum gute Architektur immer eine Geschichte erzählen muss.

Ob «Four Seasons», «InterContinental» oder «JW Marriott» – sie alle sind Kunden von Bill Bensley. Hier erzählt der berühmte Hoteldesigner, was ein gutes Hotelzimmer ausmacht, was für ihn Luxus ist und welche Hotels man auf keinen Fall verpassen darf. 

Worauf schauen Sie als Erstes, wenn Sie in ein Hotelzimmer kommen? 

BB: Ehrlich gesagt: das Bett. Ist es einladend? Gemütlich? Wenn ein Hotel das Bett nicht hinbekommt, warum sollte ich in ihm absteigen? Ich will ein Bett, das so verlockend ist, dass man absichtlich den Check-out verpasst. Mit weichen Laken, prallen Kissen, schweren Decken. Und ich schaue mir die Aussicht an. Wohin geht der Blick, wenn man die Vorhänge zur Seite zieht? Auf eine kahle Wand? Einen Parkplatz? Das wäre tragisch. Man sollte beim Blick hinaus sofort wissen, wo man ist. Und nicht zuletzt: das Licht. Wenn das Licht schlecht ist, leidet das ganze Zimmer. Niemand sieht in einem kalten Weisslicht gut aus – nicht mal Brad Pitt. Ich liebe weiches, stimmungsvolles, schmeichelndes Licht.

Bill Bensley Cr Rosewood Hotels
Rosewood Hotels ©
Das visionär gestaltete «Rosewood Luang Prabang» erweckt eine vergessene Bergstation des 19. Jahrhunderts in Form einer luxuriösen Zeitkapsel zu neuem Leben.

Und wann fühlen Sie sich in einem Hotelzimmer so richtig zu Hause?

BB: Wenn das Zimmer nicht mehr wie ein Hotelzimmer wirkt. Wenn Bücher im Regal stehen, die ich wirklich lesen will. Wenn die Kunst an den Wänden keine Massenware ist, sondern mir etwas über den Ort erzählt. Ich liebe Räume, die kuratierte Geschichten erzählen, nicht bloss durchgestylt sind. Mit Patina, Persönlichkeit und ein paar Überraschungen. Wenn der Raum richtig riecht, sich gut anhört und anfühlt, als hätte jemand darüber nachgedacht, wie ein Mensch wirklich lebt – nicht nur schläft –, dann fühle ich mich zu Hause. Und wenn ein guter Gin in der Minibar steht – umso besser.

Sie haben als Landschaftsarchitekt angefangen und schon in frühen Jahren Ihr erstes Hotel gestaltet. Was faszi-niert Sie so am Designen von Hotels, dass Sie es bis heute machen?

BB: Ich glaube, es ist die unendliche Möglichkeit, zu überraschen – mich selbst und alle, die einen meiner Räume betreten. Design speist sich aus einer unstillbaren Neugierde, einer Liebesbeziehung zu Geschichten, Kultur und Natur. Jedes Projekt ist ein neues Abenteuer, ein leeres Blatt, auf dem ich mit Materialien, Farben und Geschichten träumen darf.

«Ich bin kein Dekorateur – ich bin Geschichtenerzähler.» Bill Bensley
Bill Bensley in Painting Studio
Beigestellt ©

Ihre Designs spiegeln immer den Ort und seine Geschichte wider. Wie viel Recherche steckt in Ihren Projekten?

BB: Ganz schön viel – und ich meine wirklich eine Menge Recherche! Für mich beginnt Design mit einem Flugticket und einem Notizbuch. Jeder Ort hat eine Geschichte im Boden vergraben, und meine Aufgabe ist es, sie auszugraben. Ob verlassener Palast in Rajasthan oder Dschungel in Kambodscha – ich will wissen, was dort war, wer dort lebte, welche Götter verehrt wurden, an welche Mythen geglaubt wurde. Nur so beginnt die Architektur zu «leben». Ich spreche mit lokalen Kunsthandwerkern, lerne traditionelle Techniken, erkunde Landschaft und Alltag – es geht um den Geist, nicht nur die Optik. Wenn du das tust, entsteht Design ganz organisch aus einem Ort heraus. Ohne diese Recherche bist du nur Dekorateur. Und ich bin kein Dekorateur – ich bin Geschichtenerzähler.

Ich durfte einmal in dem von Ihnen umgesetzten «The Siam» in Bangkok übernachten – es hat mich eher an ein Museum als an ein Hotel erinnert. 

BB: Ach, «The Siam» – das war ein Herzensprojekt. Eine verrückte Idee, genährt von der Liebe zu Kunst, Antiquitäten und Storytelling. Es ist ein Haus, das eher einer Zeitreise als einem Hotel ähnelt. Ich wollte, dass sich hier jeder Gast so fühlt, als würde er in einer Geschichte aufwachen. Der kulturelle Hintergrund eines Orts verleiht meiner Arbeit das Rückgrat – ohne sie könnte ich genauso gut Flughafenlounges entwerfen.

Luxus ist ein sehr offenes Konzept. Was bedeutet es für Sie?

BB: Zu Beginn meiner Karriere war Luxus für mich gleichbedeutend mit Opulenz – prunkvolle Kronleuchter, Marmorböden, überbordender Reichtum. Doch über die Jahre hinweg hat sich dieses Verständnis völlig gewandelt. Heute weiss ich: Echter Luxus ist keine Übertreibung – er ist die Verbindung zu einem Ort, zur Kultur, zur Umwelt. Wenn man mit Respekt für das lokale Erbe und nachhaltige Praktiken gestaltet, wird Luxus zu etwas, das erdet und berührt – nicht nur beeindruckt. Nachhaltigkeit ist dabei für mich absolut zentral. Die Natur und ihre Menschen sind das Fundament der Zukunft der Gastfreundschaft. Ohne sie kann es keinen Luxus geben.

Warum spielt Nachhaltigkeit bei Ihren Hotelprojekten eine so grosse Rolle?

BB: Für mich liegt die Zukunft darin, Erlebnisse zu schaffen, die nicht nur ästhetisch aussergewöhnlich, sondern auch ethisch tragfähig sind. Luxus darf kein Übermass mehr bedeuten, sondern soll Zugang schaffen – zu sauberer Luft, unberührter Natur und authentischer lokaler Kultur. Ein wirklich luxuriöses Resort der Zukunft wird regenerieren statt ausbeuten, unterstützen statt verdrängen und ebenso bilden wie unterhalten. Nachhaltigkeit ist längst kein nachträglicher Gedanke mehr – sie ist die Seele jedes Projekts. Besonders stolz bin ich aktuell auf die sanfte Bauweise beim «Shinta Mani Wild». 

Was ist für Sie so besonders an diesem Projekt? 

BB: Ich liebe einfach alles daran – vom Zipline-Check-in bis zur völligen Einsamkeit mitten im Urwald. Dieses Camp mit nur 15 Zelten im Herzen des kambodschanischen Dschungels spielt eine zentrale Rolle beim Schutz eines Teils des Cardamom-Nationalparks. Die Einnahmen durch unsere Gäste finanzieren den täglichen Einsatz der NGO Wildlife Alliance, die den Wald und seine Tiere schützt – und die Gäste lernen das hautnah. Sie begleiten Ranger bei ihren Patrouillen, helfen, Fallen zu entfernen, Tiere zu retten – und erleben echte Naturschutzarbeit. Und danach? Springen sie mit ihrem persönlichen «Adventure Butler» über Flusssteine, paddeln durch Mangroven oder schwimmen unter Wasserfällen – mit einem Frühstück am Flussufer. Es ist die Essenz meiner 35-jährigen Karriere – vereint in einer grossartigen, unvergesslichen Erfahrung.

Die Hotelgestaltung hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Welche positiven Entwicklungen beobachten Sie?

BB: Hotels zu entwerfen, ist heute eine ganz andere Sache als in den Achtzigern, als ich anfing. Die Leute bauen endlich keine langweiligen Kisten mehr. Gäste sehnen sich nach Persönlichkeit, nach Geschichten, nach Erlebnissen. Man will etwas fühlen, man will sich erinnern, wo man war. Ein weiterer positiver Wandel ist der Fokus auf echte Nachhaltigkeit – nicht das oberflächliche «Greenwashing», sondern durchdachte, wirkungsvolle Massnahmen. Vor zehn Jahren bekam ich noch leere Blicke, wenn ich von Recyclingmaterialien oder von Renaturierung sprach. Heute fragen mich Kunden aktiv, wie man verantwortungsbewusst bauen kann. Das ist echter Fortschritt.

Pink Pearl Interior 02
JW Marriott Phu Quoc ©
Mit «JW Marriott Phu Quoc» hat Bensley ein Hotel erschaffen, das sich der Lehre der Natur widmet – mit über 5'000 upgecycelten Antiquitäten, nachhaltigem Design und Räumen, die Geschichten erzählen.

Und was sind die negativen Entwicklungen?

BB: Ein häufiger Fehler im Hoteldesign ist es, die Form über das Erlebnis zu stellen. Zu oft fokussieren sich Designer auf grosse Statements oder angesagte Ästhetik – und vergessen dabei die feinen Details, die einen Raum wirklich einladend und unvergesslich machen. Wenn Design egozentrisch statt durchdacht ist, entsteht ein steriler Raum. Echter Luxus liegt in Handwerkskunst, Authentizität und dem sensiblen Gleichgewicht zwischen Schönheit und Komfort.

Viele Ihrer Hotelprojekte finden sich in Asien. Warum arbeiten Sie so gern dort?

BB: Asien ist mein Spielplatz – und mein Zuhause. Ich lebe und arbeite seit über drei Jahrzehnten hier. Als Designer liebe ich die kreative Freiheit. In grossen Teilen Asiens, besonders in Ländern wie Thailand, Kambodscha, Vietnam und Bali, gibt es eine unglaubliche Offenheit für mutige Ideen. Kunden haben keine Angst vor Farben, Fantasie oder verspielten Elementen. Im Gegenteil – sie wollen, dass ein Hotel eine Geschichte erzählt, dass es Schichten hat, Bedeutung, eine Seele. Und genau in diesem Umfeld blühe ich auf. In Europa sind die Logistik, das Klima und die Vorschriften völlig anders. Man verbringt dort mehr Zeit mit Bürokratie als mit dem Entwerfen von Magie. 

Sie sind ein grosser Reisender. Können Sie unseren Lesern drei Hotels empfehlen, die Ihnen besonders gefallen?

BB: Da gibt es einige: «Awasi» in der Atacama-Wüste, «Huka Lodge» in Neuseeland, «Hoshinoya» in Kyoto, «Ballyfin» in Irland und «Jack’s Camp» in Botswana. Sie alle sind schlicht atemberaubend – weil sie so einzigartige Erlebnisse bieten.


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