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Als ein «glückliches Ereignis» bezeichnete Johann Wolfgang von Goethe den Beginn seiner Freundschaft mit Friedrich Schiller ab 1794. Das war bei der ersten Begegnung noch nicht vorauszusehen: Einige Monate zuvor waren sie einander im deutschen Rudolstadt erstmals begegnet, und von Sympathie war damals noch keine Rede. Goethe zu sein, würde ihn unglücklich machen, dieser sei ein Egoist ungewöhnlichen Grades, schrieb Schiller damals an einen Freund. Doch dann meldete er sich bei Goethe mit einem Vorschlag zur Zusammenarbeit an einer Zeitschrift. Die beiden trafen sich im Juli 1794 in Jena, dem Wohnort Schillers. Der nachfolgende, Jahre andauernde Briefwechsel, den Goethe im Nachhinein veröffentlichte, bezeugt eine innige Verbundenheit der beiden Dichter, die aber trotzdem immer beim förmlichen «Sie» blieben. Mindestens 1015 Briefe schrieben sich die beiden bis 1805, das Todesjahr Friedrich Schillers. Experten bezeichnen die Beziehung der beiden Genies als ein Arbeits- und Freundschaftsbündnis zweier poetisch und philosophisch sehr unterschiedlicher Menschen. Dafür durchaus fruchtbar: Sie beurteilten gegenseitig ihre ­Arbeiten, liessen sich leidenschaftlich über Konkurrenten aus und schrieben sich über Familienprobleme und Krankheiten. Auf Anregung Schillers nahm Goethe seine Arbeiten am «Faust» wieder auf. Im Gegenzug nahm Goethe regen Anteil an der Entstehung von Schillers «Wallenstein» und inspirierte ihn zu «Wilhelm Tell», der dann unter Goethes Oberaufsicht im Weimarer Theater uraufgeführt wurde. «Lassen Sie uns doch unsere Zweyheit immer mehr in Einklang bringen», schrieb Goethe an Schiller. Und später bezeichnete er die Briefe zwischen ihm und Schiller als «den grössten Schatz, den ich vielleicht besitze». Doch ganz konfliktfrei war ihr Verhältnis nicht, wie sich im Buch «Goethe & Schiller. Der Briefwechsel» von Rüdiger Safranski zeigt. Der Literaturwissenschaftler befasst sich darin mit dieser von Konkurrenz und Neid durchtränkten, dabei in höchstem Masse inspirierenden Freundschaft.

Goethe & Schiller. Der Briefwechsel. Eine Auswahl
Rüdiger Safranski
Fischer Verlag