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Bernd Bickel erweckt am Computer die Gesichter von Hollywood-Figuren zum Leben.

Bernd Bickel erweckt die Gesichter von Hollywood-Figuren zum Leben. So realistisch, dass er dafür den Technik-Oscar erhielt. Im Talk gewährt der IT-Forscher einen Blick hinter die Kulissen der Computer-Filmkunst.

Sie haben mit drei Kollegen 2019 von der Academy of Motion Picture Arts and Sciences den «Technik-Oscar» («Technical Achievement Award») verliehen bekommen. Wie fühlt es sich an, diesen Preis zu erhalten? 

Es ist natürlich eine grosse Auszeichnung und riesige Freude. Als die offizielle Press Release rauskam, konnte ich es gar nicht glauben. Es gab ein grosses Galadiner in Beverly Hills mit vielen Ansprachen, und die Verleihung unserer Auszeichnung wurde sogar bei der grossen Oscar-Gala gezeigt. Das Schönste an dieser Auszeichnung für uns ist aber, dass es eine Anerkennung unserer langjährigen Arbeit ist. Mit dem Technik-Oscar wird ja nicht ein bestimmter Film oder eine einzelne Leistung ausgezeichnet, sondern eine grundlegende Technik, die grossen Einfluss auf die Filmbranche hat. Dieser Preis ist eine tolle Auszeichnung für uns als Team! 

Ausgezeichnet wurde das «Medusa Performance Capture System». Kurz gesagt übertragen Sie damit menschliche Mimik auf animierte Figuren. Wie darf man sich das vorstellen?

Prinzipiell kann man sich dieses System als eine Art Gesichtsscanner vorstellen, der das Gesicht einer Person digitalisiert. Geometrie, Form, Bewegung, Besonderheiten etc. eines Gesichts werden bis ins kleinste Detail aufgenommen und in die digitale Welt kopiert. Darauf aufbauend können digitale Animationen gestaltet werden. Man kann Gesichter verändern, altern lassen und vieles mehr. Und das Ganze wirkt am Bildschirm dann dennoch realistisch. Das ist die Kunst. Denn darum geht es – Empathie beim Zuseher zu ermöglichen.

Um ein menschliches Gesicht digital nachzubauen, zählt jedes Detail. Wir Menschen haben einen exakten Sensor, wenn es um Gesichtserkennung geht. Ganz unbewusst erkennt unser Gehirn, wenn in einem Gesicht etwas unnatürlich ist.

Die Mimik des eigentlichen Schauspielers ist also auch bei animierten Rollen von grosser Bedeutung?

Auf jeden Fall! Unser System kam zum ersten Mal am Set von «Maleficent» zum Einsatz. Darin spielt Angelina Jolie eine dunkle Fee. Und damit sie sich auf der Kinoleinwand in diese verwandelt, sass sie auf einem Stuhl, umringt von acht Kameras, die ihre gesamte Mimik mit unserem System aufgenommen haben. Diese Aufnahmen waren dann die Basis, um sie digital in dieses Fabelwesen zu verwandeln. Genau wie sich all die anderen Schauspieler in Blumenfeen und andere Fantasiewesen verwandelten. Es war auch für uns faszinierend, live vor Ort zu sehen, wie unser System funktioniert und wie realistisch das Ergebnis ist. Heute kommt unser System in vielen Hollywood-Produktionen zum Einsatz. Der Prozess ist immer gleich. Es wird ein digitales Modell des Schauspielers erstellt, das dann von Hand oder via Helmkamera animiert wird. Mit der Helmkamera können sich die Schauspieler frei durch die Szenen bewegen. Manchmal erfahren wir erst, wenn der Film fertig ist, wo unser System überall eingesetzt wurde. Das ist immer wieder ein schöner Moment.

Wie wichtig sind minimale Details bei der Animation von Gesichtern? 

Um ein menschliches Gesicht digital nachzubauen, zählt jedes Detail. Wie öffnet sich der Mund beim Sprechen, wie lange kleben die Lippen aufeinander, wie bewegen sich die Augen beim Blinzeln, welche Poren sind sichtbar etc.? Wir Menschen haben einen exakten Sensor, wenn es um Gesichtserkennung geht. Ganz unbewusst erkennt unser Gehirn, wenn in einem Gesicht etwas unnatürlich ist. Wenn nur ein winziges Detail, ein minimaler Abstand, eine Bewegung nicht stimmt, wirkt es sofort künstlich auf uns. Wir sind irritiert und können keine Empathie zu der Figur aufbauen. Daher ist es so wichtig, dass unser System die Mimik des Schauspielers so realistisch wie möglich kopiert und digital weiterentwickelt.

Kunst und Wissenschaft – wie wichtig ist das Zusammenspiel dieser beiden Welten in Ihrem Beruf?

Diese beiden Bereiche hängen ganz stark zusammen. Gerade bei meiner Arbeit bei Disney in der Schweiz hat sich das oft gezeigt. Ich war in der Abteilung Research für die «Wissenschaft hinter der Magie» zuständig. Und da war es oft so, dass Filmschaffende Ideen hatten, die die Technik umsetzen sollte. Oder Künstler haben die Technik derart kreativ genutzt, dass sich wieder Neues ergeben hat. Die Technik inspiriert die Kunst und umgekehrt. 

Sie haben sich bereits in Ihrer Master-Arbeit mit der Modellierung von Gesichtern beschäftigt. Was hat Sie daran fasziniert?

Ich bin eigentlich durch Zufall in dieses Gebiet reingerutscht. Als Informatikstudent habe ich ein Praktikum in den USA gemacht. Dabei ging es darum, einen Gesichtsscanner zur medizinischen Anwendung zu entwickeln. Konkret sollte eine Software programmiert werden, um Operationen von Gaumenspalten zu optimieren. Wo muss welcher Schnitt gesetzt werden, damit die Mimik nach der Operation möglichst natürlich wirkt? Dabei wurde mir wirklich bewusst, in wie vielen Bereichen das Thema Gesicht relevant ist – von der Medizin bis zur Filmindustrie. 

Ihr persönlicher analoger Ausgleich? 

Wir haben vor ein paar Jahren ein altes Haus gekauft, wo einiges zu reparieren ist. Dieses handwerkliche Tun ist mein Ausgleich zur Arbeit vor dem Computer.

Vielen Dank für das Gespräch!

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13. Januar 2021 20er DE neu

20er Jahre zum Nachlesen

Die Goldenen Zwanziger, das waren die Jahre zwischen 1924 und 1929, eine Blütezeit der Kunst und Kultur, die sich in Deutschland vor allem in Berlin manifestierte, wo neue Tänze wie der Charleston Einzug hielten, expressionistische Künstler, Schriftsteller und Theatermacher neue Massstäbe setzten. Es war aber auch ein Tanz auf dem Vulkan. An dessen Anfang stand ein weltweiter wirtschaftlicher Aufschwung nach dem Ersten Weltkrieg. Am Ende folgten der Börsenkrach in New York und die Weltwirtschaftskrise. Städte wie Berlin waren gekennzeichnet von Armut, Arbeitslosigkeit und grossstädtischem Elend auf der einen Seite und dem Glanz und Glamour der Reichen und Schönen auf der anderen. So mancher schaffte es auch, aus dem kriminellen Untergrund quasi in die High Society aufzusteigen, vom Dorf in die Jazzbar zu migrieren, vom ehemaligen Offizier zum Eintänzer. Eine Zeit also voller Widersprüche, und vielleicht ist es gerade das, was zahlreiche Künstler so inspirierte. Es entstanden literarische Werke voll stilistischer Brillanz. Den Schriftsteller Alfred Döblin motivierte das Chaos der 20er zu seinem berühmten Grossstadtroman «Berlin Alexanderplatz», in dem sich der Ex-Häftling Franz Biberkopf durch den Grossstadtdschungel schlägt. Vicky Baum, die Wienerin, die später in die USA auswandern sollte, veröffentlichte mit «Menschen im Hotel» eine melancholisch-humorvolle Milieustudie der Berliner Gesellschaft. Erich Maria Remarque arbeitete mit «Im Westen nichts Neues» das Kriegstrauma einer ganzen Generation auf. Doch das Ende der Republik war bereits greifbar, Erich Kästner sah den Faschismus herannahen. Sein «Fabian» ist ein Moralist, der allerdings in der zerfallenden Weimarer Republik scheinbar kein moralisch richtiges Leben mehr führen kann. Er verliert nach und nach den Glauben an seine bürgerlichen Ideale. Derweil veröffentlicht Thomas Mann seinen «Zauberberg», und Irmgard Keun lässt ein Mädchen vom Land ihren Traum vom Glanz der grossen Stadt auf die Probe stellen. Alle diese Bücher und noch einige mehr sind vereint in der Sonderedition der «Zeit». In Halbleinen und – wie könnte es anders sein – in Gold gehalten.

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04. Juli 2022 Ragaz Kopie

Vielfältig, verlockend, virtuos

Event-Highlights im Juli 2022

Light Ragaz kehrt mit neuer Show zurück. Eingebettet in die Naturkulisse der Taminaschlucht präsentiert Light Ragaz ein einzigartiges Erlebnis für alle Sinne. Das Lichterspektakel erzählt eine Geschichte übers Glück – warum wir es suchen, wo wir es finden und wie wir lernen, mehr zu geniessen. Die nächtliche Verwandlung des Rundgangs verzaubert die Besucher mit faszinierenden Licht-Erlebnissen, spielerischen Interaktionen und einer berührenden Erzählung über die Reise ins Glück.

Light Ragaz 2022
26. Mai — 15. Oktober 2022
Bad Ragaz

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07. November 2022 Niki 01

Farbe trifft Form

Das Kunsthaus Zürich zeigt bis Januar 2023 eine Retrospektive zum Schaffen von Niki de Saint Phalle.

Sie ist eine der wichtigsten Künstlerinnen des 20. Jahrhunderts und weltweit bekannt durch ihre «Nanas», jene grossen, bunten Frauenfiguren, die in ihrer Fröhlichkeit das Bild der französisch-schweizerischen Malerin und Bildhauerin geprägt haben. Doch Niki de Saint Phalles Schaffen war weit mehr als das. Ihr facettenreiches Gesamtwerk, das mitunter auch exzentrisch, düster und hintergründig daherkommt, wird noch bis 8. Januar 2023 in einer rund 100 Werke umfassenden umfangreichen Schau im Kunsthaus Zürich gezeigt: von ihren frühen aktionistischen Arbeiten wie den berühmten «Schiessbildern» bis hin zu ihrer Auseinandersetzung mit Rollenbildern und politischen Themen ihrer Zeit. Die Ausstellung ist die letzte von Museumsdirektor Christoph Becker kuratierte Schau. Nach 22 Jahren im Amt übergibt er den Posten an Ann Demeester. 

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