teilen via

Von Birnen-Raclette bis Nideltäfeli – Schweizer Küche modern interpretiert.

Genuss oder Spott? Die Schweizer Küche bietet beides. Wer nämlich schätzt nicht die eidgenössischen Köstlichkeiten von Raclette über Fondue bis zu Zürcher Geschnetzeltem und Cordon bleu, nicht zu vergessen den Rösti-Teller oder das legendäre Birchermüesli?

Andererseits: Begleitet uns so manches nicht schon arg lang, sodass es inzwischen ein wenig aus der Zeit gefallen scheint – oder wie man im frankophonen Landesteil sagen würde: demodé? Erinnert Raclette nicht auch an öde Familienabende, an denen in Ermangelung interessanter Gesprächsthemen eben die winzigen Schälchen mit erwartbarem Klein-Klein voll geschaufelt werden, als wären da Schlümpfe an der Arbeit? Sind Geschnetzeltes und «gefülltes Schnitzel» nicht längst zur Billigkost in Beizen geworden – und hat nicht sogar das Birchermüesli längst einen Hauch von vitaler Greisenhaftigkeit?

Doch gemach. Die gewitzte Schweiz wäre nicht die, die sie zum Glück nun einmal ist, wäre nicht die Notwendigkeit der Innovation erkannt und charmant gehandelt worden ­– in allen Kantonen, dezentral und unaufgeregt, dafür aber umso nachhaltiger. Und umso spannender, sind hier doch keine Sterneköche in einzelnen Gourmetrestaurants am Werke, sondern quasi das ganze Land. Auf einmal finden sich nämlich Rezepte, die sogar das traditionelle Fondue revolutionieren: Man nehme dafür etwa helles Bier statt Wein, mische feingehäckselte Zwiebeln und Morcheln in den Käse – und tunke danach mit Apfel- oder Birnenscheiben statt mit Brot. Und auch das Zürcher Geschnetzelte kann plötzlich wieder zur Überraschung werden, wenn dezent ein wenig Curry dazu gefügt wird, garniert mit frischem Koriander.

Im Falle des Raclettes trägt sogar der Nachbar Innovatives bei. Der in der österreichischen Steiermark ansässige Familienbetrieb Vulcano liefert neue Ideen: Die immerhin bereits 700-jährige Spezialität wird kulinarisch fit gemacht mit frischen oder getrockneten Feigen, die zum Ziegenkäse und Rohschinken hinzukommen. Oder ins Pfännchen fallen Tortilla Chips, dazu Schinkenwürfel, geriebener Bauernkäse und gewürfelte rote Paprika. Ein weiteres Rezept trägt den schönen Namen «Brie umarmt Birne« und ist ebenso leicht umzusetzen, wobei sich dann über Birne, geschmolzenem Brie und Rohschinken gern noch ein Preiselbeer-Kompott en miniature wölben darf. 

vulcano​.at

Vergessen wir bei alldem indessen nicht die berühmte Schweizer Schokolade! Der seit drei Generationen tätige Chocolatier Läderach hat nämlich jüngst neue Tafeln entworfen, die im Geschmack noch intensiver sind. Sie sind erhältlich in den drei Sorten Milch‑, Weisse und Caramel Blond, dazu (als wäre es ein guter Wein) in den Grand-Cru-Versionen Madagascar, Ecuador und Trinidad. Kein Wunder, dass kürzlich in den Vereinigten Staaten die nunmehr 100. Läderach-Filiale eröffnet wurde – selbstverständlich an der 5th Avenue in New York. 

laderach​.com

Die grösste Überraschung aber dürfte Dr. Oetker bereithalten, der sich angesichts von «Süsse Schweiz», so der Titel seines aktuellen Kochbuchs, geradezu hipstermässig vom Ruch des Onkelhaften befreit hat. Stammen die Rezepte doch nicht etwa von anno dazumal, sondern wurden von jungen Schweizer Influencerinnen entwickelt und bei einer «Backchallenge» vorgestellt. Mag das eigene Ausprobieren solch neuer Back- und Dessert-Köstlichkeiten wie etwa das «Nideltäfeli Parfait» dann zu Hause auch etwas mehr Zeit in Anspruch nehmen als die neuen Formen des Raclette – es lohnt sich! 

oetker​.ch

Schon weil es motiviert, beim nächsten Mal dann vielleicht sogar einem Hauptgericht zu Leibe rücken – und auch das gute alte Cordon bleu mit neuen Aromen zu füllen. Schweizer Küche wäre vorhersehbar? Mais non!

26. September 2022 Mai gericht

Restaurant Maihöfli

Der Gault Millau-Aufsteiger des Jahres revolutioniert das Maihöfli.

Das «Maihöfli» ist kein gewöhnliches Restaurant. So viel steht bereits nach einem Blick auf die angebotenen Speisen fest. Die ausgefallenen Kreationen des spanischen Spitzenkochs Oscar de Matos, der unter anderem Schüler bei Ferran Adrià war und als Gault-Millau-Aufsteiger des Jahres 2022 ausgezeichnet wurde, erregen zunehmend mehr Aufmerksamkeit. Verständlich, denn Gerichte in denen Pilze, Cashews, Rosinen, Birnen und Röstzwiebeln miteinander kombiniert werden, können nicht spurlos untergehen. Ein weiterer Leckerbissen: Heilbutt, Petersilienwurzel, Muscheln, Trauben. Die spanische Handschrift des Küchenchefs lässt sich nicht bestreiten, bei den Weinen setzt man sogar fast komplett auf Erzeugnisse aus dem iberischen Land. Geniessen lassen sich die wechselnden Menüs samt Weinbegleitung bei schönem Wetter auch im Gärtli hinter dem Haus – Sonntag und Montag ist geschlossen (auf Anfrage für Anlässe ab 15 Personen geöffnet).

restaurantmaihoefli​.ch

weiter lesen

08. Oktober 2021 Il Grano 03

Ristorante Il Grano

Simpel, mediterran und köstlich – im Restaurant an der Aare kommt Italien auf den Teller.

Bis vor drei Jahren zeigte Köchin Monika Gysin in Sugiez FR ihr Können, seit 2018 bringt sie zusammen mit Hausherr Gianclaudio De Luigi im Il Grano in Büren an der Aare italienische Küche auf den Teller. Auf der Speisekarte finden sich klassische Gerichte wie Vitello tonnato, Caprese-Salat oder Ricotta-Ravioli, aber sie alle haben das gewisse Etwas. Nicht umsonst hat sich Monika Gysin 15 Gault-Millau-Punkte erkocht. Serviert werden die Köstlichkeiten für die kulinarische Italien-Auszeit in einem Gemäuer mit Geschichte: das ehemalige Kornhaus, das im Laufe der Zeit auch als Ziegelei und Schlachthaus diente, besteht seit rund 370 Jahren. Für private Festlichkeiten steht «Il Granino», ein charmanter Einzelraum mit beleuchtetem Ziegelgewölbe bereit – die festliche und dennoch gemütliche Atmosphäre gibt es inklusive. 

ilgrano​.ch

weiter lesen

20. November 2023 Belcanto 02

Guide Michelin 2023: portugiesische Köstlichkeiten

Wo der Guide Michelin besonders strahlt. Von coolen Restaurants und überraschenden Newcomern.

Sterne gibt es, die denken gar nicht daran zu verglühen. Mehr noch: Von Jahr zu Jahr, von Jahrzehnt zu Jahrzehnt leuchten sie stärker, vergrössern ihren Radius und werden mehr. Ein astronomisches Science-Fiction-Märchen? Ganz im Gegenteil: Eine denkbar irdische Geniesser-Geschichte, eine wundersam reale Erfolgsstory. Willkommen im Kosmos des Guide Michelin, der jedes Jahr an aussergewöhnliche Restaurants seine legendären eins-zwei-drei Sterne vergibt und sich dabei immer wieder ein Stück weit auch selbst neu erfindet. Vor drei Jahren ist der «Green Star» hinzugekommen, eine Auszeichnung für nachhaltige Küche. Sogar ein ganz besonderes Prädikat für formidable Serviceleistungen gibt es inzwischen. Dabei hatte es 1926 mit lediglich einem Stern begonnen, und getestet wurden vorerst nur die besten Restaurants in der französischen Provinz. Bald darauf aber wurde es präziser, bis zu drei Sterne wurden vergeben, und diese begannen dann selbstverständlich auch über Paris zu blinken. In den darauffolgenden Jahrzehnten wurde die jährlich vergebene Auszeichnung zu DEM Gütesiegel für Gourmet-Restaurants. Doch längst ist das Sterne-Leuchten nicht mehr allein auf Europa beschränkt; Jahr für Jahr sind die Tester – alles Profis aus der Branche – weltweit unterwegs. In völliger Unabhängigkeit legt allein ein Tester 30000 Kilometer im Jahr zurück und isst in 250 Restaurants. Von Bistros über Gasthäuser bis zu Gourmet-Tempeln ist alles dabei. Um dann in einer Sternekonferenz im Kollektiv die Entscheidung zu treffen. Besonders fündig werden die Tester aktuell in der Schweiz, in Lissabon und in Thailand. 

Im dritten Teil unserer Reihe zum aktuellen Guide Michelin 2023 besuchen wir zwei Sterne-Restaurants in der portugiesischen Hauptstadt Lissabon. Unsere Tipps aus der Schweiz können Sie hier und hier nachlesen!

weiter lesen