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Lamas in den Schweizer Alpen? Arnold Luginbühl macht’s möglich.

Die idyllische Gemeinde Aeschi bei Spiez. Grüne Wälder, beschauliche Bauernhöfe, üppige Felder und grasende Milchkühe prägen das Bild – und seit 1994 auch Lamas, Alpakas und Rentiere. Die Erweiterung der Fauna hat die Ortschaft nahe des Thunersees dem Forstwart und Tierzüchter Arnold Luginbühl zu verdanken. Jahrelang kümmerte er sich um die Waldbestände, bis es ihn 1991 hinaus in die Welt zog. Ein Jahr lang ging er auf Weltreise, die ihn unter anderem auch nach Kanada führte. Um sich die Reise zu finanzieren, nahm er vor Ort immer wieder Jobs an. In Kanada heuerte er für eine Saison als Holzfäller an. Der Nachbar besass Lamas, und bei der ersten Begegnung mit den flauschigen Zeitgenossen, die ursprünglich aus den Anden stammen, war es um Luginbühl geschehen. 

Die klugen Tiere hatten es dem Schweizer sofort angetan.

Die klugen Tiere hatten es dem Schweizer sofort angetan. Er selbst wuchs auf einem klassischen Bauernhof mit Kühen auf, konnte aber mit diesen nie wirklich viel anfangen. Da das Gras auf den Weiden und Wiesen jedoch nicht von selbst verschwindet, musste sich Luginbühl eine Alternative überlegen. 1994 kaufte er zehn Tiere aus Südamerika, liess sie in seinen Heimatort in die Schweiz bringen und begann mit der Zucht. Da Luginbühl eine weitere Saison zum Holzfällen in Kanada zugesagt hatte, stellte er die Tiere zunächst bei seinem Vater auf dem Hof unter. Doch dieser meldete sich schon bald mit schlechten Nachrichten bei ihm: In Südamerika war es Sommer gewesen, während in der Schweiz tiefster Winter angesagt war. Die Tiere kamen trächtig an und mussten nun ihre Jungen in der Kälte zur Welt bringen. Die ersten Jungtiere überlebten die unpassenden Bedingungen leider nicht. Statt sofort den Weg nach Hause anzutreten, beschloss Luginbühl, sich auf Fortbildung in Sachen Lamas zu begeben, um den Tieren fortan ein passendes Zuhause zu bieten. Im Sinne des «Learning by doing» machte er sich auf den Weg zu den 20 grössten Lama-Farmen der USA und ging dort in die Lehre. Das Wissen hat sich bezahlt gemacht. Heute leben 150 Lamas und 150 Alpakas auf seinem Hof. Seit einiger Zeit ist der Stall um drei weitere Mitbewohner reicher: Rentiere aus dem hohen Norden Europas. Die Idee, auch Rentiere bei sich zu beherbergen, hatte Luginbühl auch schon Mitte der 90er-Jahre. 

Wer in der Schweiz nämlich Lamas oder Alpakas halten möchte, benötigt einen Sachkundenachweis. Arnold Luginbühl

Auf seiner Lama-Fortbildung durch die USA begegnete er neben zahlreichen anderen interessanten Charakteren einem damals 88-jährigen Schweizer, der eine USA-weite Rentier-Vermietung betrieb. Doch es sollte einige Jahre dauern, bis er die Idee von damals umsetzen konnte. Die erste Möglichkeit – ein Tauschhandel Lamas gegen Rentiere mit einem Käufer in Finnisch-Lappland – scheiterte zunächst aufgrund bürokratischer Hürden. Doch wenn sich eine Tür schliesst, öffnet sich bekanntlich eine neue. Ein Rentierzüchter aus der Schweiz gab vor elf Jahren seine Zucht auf, und die kleine Herde fand bei Luginbühl ein neues Zuhause. Gemeinsam mit seiner Frau Uli, einer gelernten Tierärztin, treibt Arnold Luginbühl nicht nur die Zucht der Tiere voran und verkauft die Tiere an andere Zuchtbetriebe oder Anbieter von Trekking-Touren, sondern er bietet auch Kurse an. Wer in der Schweiz nämlich Lamas oder Alpakas halten möchte, benötigt einen Sachkundenachweis. 

«Ich mache das hier für mich und nicht für die Nachbarn.» Arnold Luginbühl

Diesen können Interessierte in einem eintägigen Kurs bei den Luginbühls erwerben. Den theoretischen Teil übernimmt Uli, den praktischen Arnold. Ein eingespieltes Team – genauso eingespielt wie die Luginbühls und ihre flauschigen Mitbewohner. Der Tagesablauf eines Lama‑, Alpaka- und Rentierzüchters ist in den kühleren Monaten auf den ersten Blick relativ unspektakulär, deshalb aber nicht weniger anstrengend und beglückend. Um 8.00 Uhr geht Arnold Luginbühl in den Stall, mistet aus, putzt und füttert die Tiere. Anschliessend geht er in den Wald, um seiner Arbeit als Forstwart nachzukommen, und abends macht er nochmals einen Rundgang durch den Stall. Dass er nicht um 5.00 Uhr morgens aufstehen muss, war mit ein Grund dafür, dass er sich gegen die Arbeit mit Milchkühen entschloss. Und die Intelligenz der Tiere. Doch was sagen eigentlich Familie und Freunde dazu, wenn einer beschliesst, Lamas und andere exotische Tiere zu züchten? Die meisten seiner Freunde fanden die Idee gut, ein paar Bauern in der Umgebung waren skeptisch. Aber für Arnold Luginbühl war es egal, ob andere seine Lebensidee gut finden: «Ich mache das hier für mich und nicht für die Nachbarn.»

lama​.ch