Ganz unaufgeregt, aber umso konsequenter erfindet sich Norwegens Hauptstadt gegenwärtig neu.
Gut, dass es Munchs «Der Schrei» gleich in vier Versionen gibt: je zweimal als grosse Öl-Formate und als kleinere Pastellgemälde. Denn Skandinaviens berühmtes Bild scheint Kunstdiebe magisch anzuziehen. Mehrmals geriet ein Exemplar bereits in die Hände von Kriminellen, tauchte später in einem Hotelzimmer wieder auf oder kam über andere Umwege ins Museum zurück. Dass ein Gemälde vom Kaliber des «Schrei» als unverkäuflich gilt, erwies sich dabei als wertvoller als jede Sicherheitsmassnahme. Eine dicke Panzerglasscheibe schützt die bekannteste Variante nach dem letzten Diebstahl 2014 allerdings auch. Und schliesslich eröffnete ein neues Museum rund um den Nationalschatz. Majestätisch ragt es mit höflichem Knick im oberen Baukörper in bester Fjordlage auf. Oslo feierte vor wenigen Monaten die mit Spannung erwartete Eröffnung des Munch-Museums – und das war längst überfällig. Denn der vielleicht wichtigste Expressionist der Moderne hat keineswegs nur den legendären Brückenschreier in mehrfacher Ausführung gemalt.
Viele seiner Motive sind als Serien vorhanden. Das trägt zur experimentellen, unfertigen, latent vibrierenden Dynamik seines gesamten Werks bei. Die Munch-Arbeiten, die so entstanden sind und die menschliche Emotionen und Ängste in schlammige Farben rücken, gehen in die Tausende. Allein 27’000 Originale vermachte Edvard Munch Oslo, neben Gemälden auch Aquarelle, Zeichnungen, Drucke oder Skulpturen. So umfassend fällt dieses Gesamtwerk aus, dass es bis dato grösstenteils im Depot gehortet werden musste. Doch nun bieten elf Ausstellungssäle genug Raum für Maestro Munch. Flächen für Konzerte, Vorträge, Debatten und Aufführungen, ein Kino, ein Workshop für Kinder sowie eine Forschungsbibliothek flankieren die Munch-Megaschau – wohl ganz im Sinne des vielfältigen Expressionisten.
Helsinki ausgebremst
Rau, unfertig, lückenhaft, aber immer gut für starke Momente. All das lässt sich auch über die norwegische Hauptstadt sagen, die über lange Strecken im Schatten anderer skandinavischer Metropolen stand. Oslo? Kaum so pittoresk wie das von Inseln und Halbinseln geprägte Stockholm. Auch nicht eigenwillig schräg wie die finnische Hauptstadt Helsinki. Aber seit Jahren ist Oslo auf der Überholspur. Bereits vor mehr als einem Jahrzehnt ging es mit der Eröffnung des spektakulären Opernhauses wenige Meter neben dem Munch-Museum los. Durch grosse Fenster auf Strassenebene können Passanten seither einen Blick auf die Probenaktivitäten werfen – hautnäher am Kunstbetrieb als weltweit üblich. All das vor einer eckig weissen Fassade, die sanft aus dem Hafenbecken auftaucht und die Besucher ganzjährig zum Besteigen des Dachs und zum Panoramablick über Oslo und den Fjord einlädt. Diese Signalwirkung war auch ausserhalb Norwegens kaum zu übersehen.
Ziemlich aufgeknöpft
Denn es ging von Anfang an um weit mehr als um einen reinen Prestigebau. «Oslo öffnet» trifft es seither besser: Die Stadt legte das Image von der zugeknöpften nordischen Metropole ab. In exakt diesem Stil geht es seither weiter. Entlang der Bucht Bjørvika östlich der Osloer Innenstadt ist so eine ganz neue Skyline entstanden, die das Aschenputtel im Norden schlagartig in eine Cover-Schönheit verwandelte. Das aus zwölf Hochhäusern unterschiedlicher Höhe und Breite komponierte Bebauungsgebiet Barcode, an dessen Masterplan das Rotterdamer Studio MVRVDV mitwirkte, verdient den unterkühlten Namen nicht zuletzt dank unverbaut gebliebener Flächenstreifen. Aber vor allem macht das architektonische Ensemble die Barcode-Rechnung auf Basis einer neuen Sichtweise auf Urbanität an sich.
TIPPS
The Thief
Landgangen 1 | thethief.com
Das Boutiquehotel wartet unter anderem mit einem feinen Spa-Menü auf.
Clarion Hotel Oslo
Dronning Eufemias gate 15 | nordicchoicehotels.com
Das Hotel im neuen Stadtteil Barcode liess sich bei der Farbwahl von Munch-Gemälden inspirieren.
Tim Wendelboe Espresso Bar
Grüners gate 1 | timwendelboe.no
Auf einen Kaffee beim Meister – Tim Wedelboe wurde bereits zum World Barista Champion und World Cup Tasters Champion gekürt.
Winther Artisan Food & Restaurant
Grundingen 3 | wintherakerbrygge.no
Das Winther im Hafenviertel Aker Brygge ist handwerkliche Käserei, Bauernladen und Restaurant in einem.
Hasla
Markveien 54 | haslajewelry.com
Hochwertiger Schmuck, gestaltet nach der minimalistischen, skandinavischen Design-Philosophie.
29. Dezember 2021
Architekten und Hoteliers
Der Almhof Schneider verbindet Gastfreundschaft mit luxuriösem Understatement.
Es war im Jahr 1451, als die Familie Schneider aus dem Wallis nach Lech am Arlberg zog und begann, einen Bergbauernhof inmitten des hochalpinen Weidelandes zu betreiben. Heute, 570 Jahre später, ist aus dem ursprünglich bescheidenen Gasthof eines der führenden Hotels im internationalen Wintersport geworden und die Architekten und Hoteliers Gerold und Katia Schneider empfangen ihre Gäste inmitten einer stilvollen Atmosphäre voller Gastlichkeit, Kunst und einem Ambiente mit viel Understatement. Wenige hundert Meter weiter betreiben die beiden obendrein ein eigenes Architekturbüro und die allmeinde commongrounds, eine eigenständige Kulturinitiative. Wenn Skitourismus auf philosophisches Denken trifft, scheint das nicht so recht zusammenzupassen … bis man den Almhof Schneider betritt und Lampen aus Geweihen neben Skulpturen von Erwin Wurm und eine Tiefgarage mit holistischem Ansatz vorfindet. Kein Wunder, dass dieser aussergewöhnliche Zugang bereits vielfach ausgezeichnet wurde, unter anderem als Best Luxury Ski Hotel – Western Europe 2021 bei den World Luxury Hotel Awards.
Nachhaltiger Lifestyle in Tirol
Das Hotel Klosterbräu vereint traditionellen Charme mit modernem Flair und einem starken Fokus auf Nachhaltigkeit.
Eingebettet in die atemberaubende Bergkulisse des Wetterstein- und Karwendelgebirges liegt die Region Seefeld – Tirols Hochplateau auf 1’200 Metern Höhe. Hier findet man das Hotel Klosterbräu, das eine einzigartige Kombination aus Naturverbundenheit, Tradition und Luxus bietet. Dieses 5‑Sterne-Wellnesshotel, das sich der Philosophie YOUNIQUE® verschrieben hat, stellt die individuellen Bedürfnisse seiner Gäste in den Mittelpunkt und setzt gleichzeitig einen besonderen Fokus auf Nachhaltigkeit. In einem ehemaligen Augustinerkloster aus dem 16. Jahrhundert untergebracht, verbindet es auf geschickte Weise Tradition und Moderne. Über die Jahrhunderte hinweg waren hier Reisende, Pilger und Adelsleute bei den Augustiner-Mönchen zu Gast. Nachdem die Mönche das Kloster verlassen hatten, übernahm die Familie Seyrling vor rund 200 Jahren den Gastbetrieb. Heute ist das Hotel Klosterbräu bereits in der sechsten Generation in Familienbesitz.
Ruhepol am Schwarzen Meer
Das Aquahouse Hotel & Spa in Bulgarien verbindet elegante Architektur mit nachhaltiger Gesundheitsvorsorge.
Purismus als zurückhaltende und elegante Bühne für üppige Natur und tiefe Entspannung – das scheint das zugrunde liegende Thema im Aquahouse Hotel & Spa zu sein. Im beliebten bulgarischen Ferienort St. St. Konstantin und Helena gelegen, zeichnet sich das Hotel durch seine beruhigende Atmosphäre und die Gestaltung von Exterieur und Interieur in sanften Beige- und Naturtönen aus. Die Zimmer und Suiten mit Meer- oder Gartenblick strahlen mit ihrer geraden Linienführung eine Ruhe aus, die einen gleich beim Ankommen einnimmt.