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In Knickerbocker-Hosen und mit viel Freude am Spiel steht Joe B. Lauber regelmässig zum Hickory-Golfspiel auf dem Platz. Seine Schläger bringt er nicht nur selbst mit, er baut sie auch.

Ein perfekt präpariertes Fairway, kurz getrimmtes Grün, alle Schläger im Gepäck, karierte Hosen und ein strahlend weisses Poloshirt, das Ziel vor Augen, das eigene Handicap zu verbessern, und kein Bunker kann einen aufhalten. So stellen sich die meisten das Golfspiel gemeinhin vor – leistungsorientiert, ein wenig elitär und begleitet von einer Vielzahl an Fachausdrücken. Doch das Spiel zwischen Birdie, Doppel-Bogey und Hole-in-One ist viel mehr als das. Es ist Gefühl, Präzision, Geduld und Konzentration. Und für manche ist es darüber hinaus Genuss, Glück und eine Zelebration klassischer Werte wie Zuvorkommenheit und Höflichkeit. Joe B. Lauber ist einer jener Menschen, für die Golf weniger mit Wettbewerb und Selbstoptimierung zu tun hat und mehr mit einem gefühlvollen, ruhigen Spiel in bester Gesellschaft. Vor mittlerweile sieben Jahren entdeckte der Schweizer seine Leidenschaft fürs Hickory-Golfspiel. 2012 bespielte er den berühmten Old Course von St. Andrews in Schottland, seines Zeichens einer der ältesten Golfplätze der Welt. Während ihm der Golfcourse eher langweilig erschien, weckte die Geschichte, die ihn umgab, schon viel eher sein Interesse ebenso wie Männer und Frauen in alten Gewändern, die mit Holzschlägern ihr Glück auf dem Platz versuchten. Joe B. Lauber probierte die althergebrachten Schläger aus, und es war um ihn geschehen. Die Schläge erforderten viel mehr Ruhe und Präzision, doch dadurch wurde der anfangs wenig ansprechende Old Course auch immer spannender und das Spiel erfreulicher. 

Abschlag mit Geschichte

Als Hickory-Golf wird die traditionelle Variante des klassischen Golfsports bezeichnet. Gespielt wird mit Schlägern, die aus dem Holz des Hickorybaums, einer Nussbaumart aus dem östlichen Nordamerika und China, gefertigt werden. Das harte und zugleich elastische Holz eignet sich perfekt für die Schäfte der Schläger, die mit einem Ledergriff und einem Schlägerkopf aus Eisen ergänzt werden. Bis zur Legalisierung der Stahlschäfte im Jahr 1929 waren diese Schläger, die keine Zahlen, sondern so klingende Namen wie Spoon, Brassie, Mashie oder Niblick tragen, der Standard beim Golfspiel. John W. Fischer war 1936 der letzte Gewinner eines Major Championships (US Amateur Championship) mit Hickory-Schlägern. Heute ist der Hickory-Golfsport ein Synonym für Golf im Stil früherer Zeiten geworden. Als Golfbälle werden «Guttys», aus kautschukähnlichem Guttapercha oder in alter Form hergestellte moderne Bälle, verwendet. Dabei ist laut Joe B. Lauber darauf zu achten, dass die weichsten Bälle gespielt werden, denn je härter der Golfball, desto stärker spürt der Spieler bei Hickory-Schlägern das Feedback. Generell kommt es beim Hickory-Golf auf das Feingefühl an, weshalb viele Profi-Golfer bei ihren Trainings gerne mal zu den traditionellen Schlägern greifen, da sie schwieriger zu spielen sind. Die alten Schlägermodelle verzeihen keine Fehler. So muss der «Sweet Spot», jener Punkt des Schlägers, bei dem die maximale Kraftübertragung vom Schlägerblatt auf den Golfball erfolgt, exakt getroffen werden. Zudem erfordert das elastische Holz ein sanfteres, runderes Schwingen beim Schlag. «Mit einem 100000-Volt-Schlag kommt man beim Hickory-Golf nicht weit. Man powert nicht, man spielt», erklärt Joe B. Lauber. Wer vom modernen Golf auf die klassische Version umsteigen will, muss sich auch erst mit einer Rechenaufgabe auseinandersetzen: «Ein Hickory 5 spielt sich an wie eine moderne 3 und erreicht aber nur die Länge einer 7.» Klingt kompliziert, ist es aber eigentlich nicht. Jedenfalls wenn Joe B. Lauber vom Weg zum Ziel spricht: mit Ruhe, Geduld und Freude am gemeinschaftlichen Spiel zur Präzision. 

Präzision in Perfektion

Von letzterer Tugend versteht Joe B. Lauber einiges. Hauptberuflich ist er Uhrmachermeister beim grössten Juwelier der Schweiz. Seine Leidenschaft für den Beruf bekam er nicht wie so oft von der vorangegangenen Generation in die Wiege gelegt, er entdeckte sie bei berufsbildenden Tagen, die er während der Schulzeit besuchte. Einen Ausgleich, bei dem Feingefühl mit dem Blick in die grüne Ferne statt auf kaum sichtbare Schrauben gefragt ist, fand er im Hickory-Golf. Was er jedoch zunächst nicht fand, waren Hickory-Schläger für Golfer, die links spielen. Lauber, der selbst Rechtshänder ist, aber lieber links spielt, machte aus dem Problem ein Hobby und begann selbst Schläger nach originalen Vorlagen anzufertigen. Dabei wird für den Schlägerkopf aus Edelstahl zunächst ein Rohling angespitzt und erhitzt. Im ersten Schmiedegang wird eine grobe Grundform geschmiedet, im zweiten Gang wird der zu bearbeitende Schmiedekopf dann erneut erhitzt und weiterverarbeitet. Mit einem für jeden einzelnen Schläger gefertigten Werkzeug wird nun das Schlägerloft, der Neigungswinkel der Schlagfläche eines Golfschlägers, relativ zu einer vertikalen Schlagfläche ermittelt. Das Eisen wird in der Folge geschliffen, in seine Endform gebracht, die Schlagfläche graviert, versiegelt und poliert. Nun wird die Schaftfrequenz ermittelt, um den richtigen Schaft aus Hickory-Holz zu finden. Dabei muss jener Schaft gewählt werden, der es dem Kunden ermöglicht, die gewünschte Schlägerkopfgeschwindigkeit zu erreichen. Anschliessend baut Joe B. Lauber alle Einzelteile in seiner «JBL Swiss Hickory Golf Club Manufactory» eigenhändig zusammen. Auch dabei zählt für ihn das Motto «In der Ruhe liegt die Kraft». Bei seinem Hobby geht es Lauber nicht um Fliessband­arbeit oder den grossen Profit. Er nimmt Aufträge für Schläger-Sets nur dann entgegen, wenn er gerade ausreichend Zeit dazu hat, sie in aller Ruhe herzustellen. Dabei müssen die Schläger persönlich auf den Spieler zugeschnitten sein. Der Kunde kann zum Beispiel seinen Namen in den Hickory-Schaft eingravieren lassen. Finalisiert wird der neue Schläger mit einem Griff aus echtem Schweizer Kuhleder, das mittels Nägeln befestigt wird. Wer es ­lieber ganz traditionell angehen möchte, wird ebenfalls fündig: Im Online-Shop gibt es auch Original-Schläger zu kaufen, die liebevoll aus aller Welt zusammengesucht und restauriert werden. 

Aus Spass an der Freude

Seine Liebe für den klassischen Golfsport lebt Joe B. Lauber aber nicht nur in Form seiner Manufaktur aus: Gleich im Jahr 2012, als ihn am Golfcourse in St. Andrews das Hickory-Fieber packte, gründete er mit seinen ebenfalls begeisterten Mitspielern den «Swiss Hickory Golf Club», dessen Präsident er auch ist. Einmal im Jahr wird ein Turnier veranstaltet, bei dem gezählt und die Punkte fürs Handicap gewertet werden. Bei allen anderen Spielen gibt es keine Punkte, kein Handicap, keinen Wettbewerb. Es wird auch gern mal im Scramble, einem Spiel zu dritt oder zu viert, gespielt, natürlich in stilechtem Outfit. Denn auch das gehört beim Hickory-Golf dazu. Die Damen tragen einen luftigen, langen Rock und einen viktorianischen Hut, die Herren hingegen Schiebermütze, Knickerbocker, Kniestrümpfe und Manieren im Stil eines klassischen Gentlemans zur Schau. Es wird gemeinsam gespielt, die Gesellschaft guter Freunde genossen, jeder versucht sich an ruhigen, gekonnten Schwüngen und setzt sich anschliessend noch auf ein Gläschen Wein mit den Mitspielern zusammen. Auch beim gemütlichen Zusammensitzen geht für Joe B. Lauber Qualität vor Quantität: «Lieber ein gutes Glas Wein als drei Gläser von einem schlechten.»

Zurück in die Zukunft

Die Einstellung, einen Gang zurückzuschalten und sich in einer Welt, die von digitalen Geräten und Reizüberflutung geprägt ist, auf feinsinnige Dinge zu konzentrieren, erfreut sich immer grösserer Beliebtheit. Obwohl das Hickory-Golfspiel wohl immer eine Randsportart bleiben wird, kann auch Joe B. Lauber ein gesteigertes Interesse erkennen: «Als wir 2012 unseren Club gegründet haben, gab es in der Schweiz etwa 40 Hickory-Golfspieler. Mittlerweile sind es an die 350.» Neueinsteigern empfiehlt Joe B. Lauber dasselbe, was er generell gern empfiehlt: «Alles mit der Ruhe.» Am besten ist es, mit einer erfahreneren Runde mit auf den Platz zu gehen und sich langsam an das andere Spielgefühl heranzutasten. Kurzes Chippen, mit einem mittleren Eisen beginnen und nicht gleich verzagen, wenn sich nur langsam Erfolge einstellen. «Beim Hickory-Golf gibt es gerade zu Beginn weniger glückliche Momente als beim modernen Golf, da die Schläger wenig verzeihen. Dafür ist das Spiel umso genussvoller, wenn man sich darauf einlässt. Am Ende ist es vor allem wichtig, mit wem man spielt.» Alles in allem lassen sich Joe B. Laubers Regeln für das Hickory-Golfspiel auch sehr gut auf das Leben an sich übertragen: Wer es mit einer gesunden Portion Schwung angeht, in sich ruht, mit sich selbst und den Umständen geduldig umgeht und ­darauf achtet, stets in guter Gesellschaft zu sein, ist auf dem richtigen Weg. 

Namenkunde

Was hat es mit Driver, Spoon und Mashie auf sich? Eine kleine Einführung in die Welt der Hickory-Golfschläger: 

  • Driver: Der Schlägerkopf besteht aus Holz. Früher war in der vorderen Hälfte eine Platte aus Horn eingearbeitet. Der «Treiber» ist in der Regel der Schläger, mit dem abgeschlagen wird. 
  • Spoon: Der Spoon kommt in allen Formen und Grössen vor. Die Unterseite des Spoon ist leicht konvex zum Gras hin, und er ist vergleichbar mit den zeitgenössischen Hölzern 3 bis 5
  • Brassie: Er ist in seiner Form dem Driver sehr ähnlich, hat jedoch zum Schutz des Schlägerkopfes eine Metallplatte im Boden, wodurch er sich auch für ungünstigeres Gelände anbietet. 
  • Mashie: Der Schläger wurde in den 1880er-Jahren entwickelt. Mit ihm sind auch für ungeübtere Spieler sowohl Schläge von grosser Länge wie auch gefühlvolle kurze Annäherungsschläge möglich. 

Hickory-Golf in seiner schönsten Form: jblgolf​.com