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Das Spiel von Licht, Material und Raum – die Arbeit von Architekt Peter Zumthor im Porträt.

In seinem Buch «Architektur Denken» schreibt der 1943 in Basel geborene Peter Zumthor: «Die Schönheit eines von Menschenhand geschaffenen Objektes habe ich, solange ich mich erinnern kann, immer als eine besondere Präsenz der Form erfahren, als ein selbstverständliches und selbstbewusstes Dasein, das dem Objekt eigen ist.» Eine Präsenz der Form, die für sich steht und dennoch mit der Umgebung harmoniert, still und heimlich eins wird. Das ist die hohe Kunst, die Peter Zumthor perfektioniert hat. Seinen Berufsweg begann Peter Zumthor als Möbelschreiner und trat damit zunächst in die Fussstapfen seines Vaters. 1958 begann er eine Berufslehre und Ausbildung im väterlichen Betrieb. Anschliessend machte er eine Ausbildung im Bereich Innenarchitektur und Design an der Kunstgewerbeschule Basel. Er arbeitete in den 60er- und 70er-Jahren für die Kantonale Denkmalpflege in Graubünden und hatte einen Lehrauftrag an der Universität Zürich im Bereich Siedlungspflege und Siedlungsinventarisation. 1979 gründete er schliesslich sein eigenes Architekturbüro in Haldenstein. Drei seiner bekanntesten Arbeiten entstanden 1996, 1997 und 2007 in der Schweiz, Österreich und Deutschland. 

Die Therme Vals in seinem Heimatkanton Graubünden zeichnet sich durch ihren Minimalismus und ihr eindrucksvolles Spiel mit Perspektiven, Materialien und Licht aus. Sie wirkt, als wäre sie aus einem Bergmassiv herausgeschlagen worden und entspricht so genau dem Gedanken der Naturverbundenheit Zumthors. Das Leitbild für Zumthor war dabei, inspiriert von der römischen und türkischen Badekultur, «Felsblöcke stehen im Wasser». Von einer Nachahmung der Natur in Form von Wasserfällen und Grotten hält Zumthor wenig, da die Natur in seinen Augen nicht nachbildbar ist. Vielmehr soll das Baden auf das Wesentliche reduziert werden, um so Raum für Sinneseindrücke zu schaffen. Nicht umsonst wird die Therme Vals, die durch einen unterirdischen Gang mit dem Hotelkomplex verbunden ist, in der Architekturtheorie oft mit Sakralbauten und deren Wirkweise verglichen. 

Ein tatsächlicher Sakralbau von aussergewöhnlicher Intensität ist Zumthor in der Eifel gelungen. Die Landwirtsfamilie Scheidtweiler trat an ihn heran mit dem Plan, als Dank für ein gutes, erfülltes Leben eine Kapelle auf dem eigenen Feld zu stiften. Zumthor verzichtete auf sein Honorar und machte sich an die Arbeit an der Bruder-Klaus-Feldkapelle. Zunächst wurde eine zeltförmige Konstruktion aus 112 Fichtenstämmen errichtet, anschliessend der Kapellenkörper nach alter Handwerkstradition aus Stampfbeton errichtet. Im Herbst 2006 wurde schliesslich für drei Wochen ein Mottfeuer unterhalten. Die Baumstämme trockneten an und wurden herausgelöst. Die Decke ist frei und gibt ähnlich dem Pantheon den Blick in den Himmel frei. In ihrer schlichten und dennoch detailreich überlegten Konstruktion ist die Kapelle ein Ort der Andacht und Meditation. Ohne Fenster, ohne Altar. Nur der Mensch, seine Gedanken und die Gestaltungskraft seiner Umgebung. 

Das 1997 eröffnete Kunsthaus Bregenz ist ein weiteres gelungenes Beispiel dafür, dass sich Zumthor stets mit dem Ort, an dem ein Gebäude steht, intensiv auseinandersetzt. Obwohl es ein Solitärbau ist, fügt es sich in die Reihe bestehender öffentlicher Gebäude ein und interagiert mit den Eckpfeilern seines Standortes: Wasser, Licht und städtischem Leben. Der halbtransparente Baukörper sieht je nach Tageszeit und Lichteinfall anders aus und dasselbe funktioniert natürlich auch in die andere Richtung. Dreifach gebrochen durch Glasfassade, Isolierverglasung und Lichtdecke werden die Ausstellungsräume je nach Tages- und Jahreszeit unterschiedlich beleuchtet. Während aussen Transparenz vorherrscht, gibt samtig glänzender Sichtbeton den Wänden im Inneren ein ganz besonderes Flair. 

Mit 65 Jahren erhielt Peter Zumthor die höchste internationale Auszeichnung seines Fachs, den Pritzker-Preis. Seither sind die Projekte grösser und Zumthor kein bisschen müde geworden. Vielleicht liegt es daran, dass nicht nur seine Gebäude, sondern auch er selbst einen beneidenswert geerdeten Eindruck hinterlassen. Während andere Pritzker-Preisträger Hunderte international tätige Partner haben, bleibt Zumthor bei seinem rund 40 Mitarbeiter starken Büro im beschaulichen Haldenstein. Hier steht sein dreigeschossiges Atelier, ein ehemaliges Bauernhaus, das er zusammen mit Ingenieur Jürg Buchli vor rund 50 Jahren umbaute. Hier lebt er mit seiner Frau, der Lehrerin und rätoromanischen Schriftstellerin Annalisa Zumthor-Cuorad und hat mit ihr drei mittlerweile erwachsene Kinder grossgezogen. Ebenso hier spielt er in seiner Freizeit gerne Jazz auf dem Kontrabass und zeigt, dass aus Ruhe und Beständigkeit die Kraft zu wahrlich Grossem entsteht.